zum Hauptinhalt
Burghart Klaußner (o.) spielt den alten Brecht, Tom Schilling den jungen.

© WDR/Nik Konietzny

Heinrich Breloers „Brecht“ auf der Berlinale: Die Courage der Mütter

Premiere im Berlinale-Special: Heinrich Breloer schneidet in „Brecht“ Spielszenen und Dokumentarisches gegeneinander.

Am Ende bekommt er doch noch sein eigenes Theater – am Schiffbauerdamm. Es ist März 1954, die junge DDR laboriert an den Folgen des Aufstands vom Juni 1953 und seiner Niederschlagung. Bertolt Brecht stirbt 1956, mit nur 58 Jahren.

Ein ratloser, rastloser Dramatiker, müdes Theatertier: Auf einer der letzten Proben, die er leitet, fordert er mit brüchiger Stimme die Schauspieler auf, nicht so viel zu „illustrieren“. Es geht nahe, wie Burghard Klaußner den späten B. B. spielt, zart, durchsichtig, ein abgekämpfter Tyrann, dem die jungen Frauen noch immer ihren Trost anbieten.

Ja, mach nur einen Film: Heinrich Breloer („Die Manns“, „Speer und Er“) macht es hier eben gerade so, wie Brecht es nicht wollte: illustriert. In bewährter Breloer-Art schneidet er Spielszenen und Dokumentarisches gegeneinander. Das hat einen merkwürdigen Effekt. Die Realität erscheint wie ein Traum der Schauspieler. Brechts Geburtsstadt Augsburg, der erste Triumph an den Münchner Kammerspielen („Trommeln in der Nacht“), die Ankunft in Berlin: Bevor Klaußner den Brecht im amerikanischen Exil übernimmt, macht Tom Schilling als Junior-Brecht auf dicke Dichterhose. Breloers Zweiteiler, insgesamt drei Stunden, arbeitet sich tüchtig an den wichtigsten biografischen Stationen ab, ohne dass man dabei auf wirklich neue Erkenntnisse stieße. Brecht und seine Kollegen wirken auf befremdliche Art historisch.

Der Anteil der Frauen nimmt beständig zu

Breloers Dokudrama hat etwas Wachsfigurenhaftes, vor allem bei den nachgestellten Theaterszenen der „Dreigroschenoper“. Eigentlich aber muss man von den Frauen sprechen. Es war, wie die Forschung gezeigt hat, auch Elisabeth Hauptmanns Stück. Sie kommt stets zu kurz – und hier wieder. Leonie Benesch kämpft in dieser Rolle um Anerkennung, im Wesentlichen aber um die Aufmerksamkeit und Liebe des gefräßigen, ausbeuterischen Supermanns. Ruth Berlaus Part ist da schon größer. Trine Dyrholm zeigt das Drama der Frau, die beiseitegeschoben wird, denn es gibt jetzt Jüngere, sie hat das ihre getan, um Brecht über Wasser zu halten.

Der Anteil der Frauen am Brecht-Imperium nimmt beständig zu, bis hin zu Helene Weigel. Adele Neuhauser macht die Prinzipalin mit Härte und Witz und Wiener Wut so lebendig, dass man erschrickt. Die Heli, die hält die Zügel in der Hand ... Nur die Dramaturgie des Breloer-Brecht ist halt etwas altmännisch.

Lässt sich Geschichte über Doku- Schnipsel zeigen? „Wir stellen Fragen“, das ist eine Brecht-Maxime und Anforderung. Also: Warum wurde er nach dem großen kommerziellen Erfolg der „Dreigroschenoper“ der Autor kommunistischer Lehrstücke, die einem heute das Blut in den Adern gefrieren lassen? Wie wurde er nach seinem Tod rezipiert, wo steht das Theater mit Brecht heute?

Viel wäre zu fragen, aber da kommt schon eine neue Favoritin ins Bild, ist schon wieder ein Klassiker fertig, der „Galileo“, feiern sie Welterfolge mit der „Courage“. Es geht zu glatt, zu einfach, ohne Rhythmuswechsel. Aber immer mit Zigarre.

10.2., 13.30 Uhr u. Fr 15.2., 10.30 Uhr, (Haus der Berliner Festspiele)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false