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Berühmt dank Birnen. Auf Schloss Ribbeck haben die Havelländischen Musikfestspiele ihr Büro.

© picture alliance / dpa

Havelländische Musikfestspiele: Effi und die Opernsängerin

Eine Forschungslücke wird praktisch gefüllt: Die Havelländischen Musikfestspiele erkunden das Verhältnis von Theodor Fontane zur Musik.

Er hielt sich selber für unmusikalisch. Theodor Fontane spielte in der Tat kein Instrument, er lehnte das Angebot ab, ein Opernlibretto zu schreiben – und 1889 floh er bei den Bayreuther Festspielen bereits nach 20 Minuten aus einer „Parsifal“-Aufführung, weil ihm Wagners Bühnenweihfestspiel körperliches Unwohlsein bereitete.

Und doch blendet der vor 200 Jahre geborene Schriftsteller und Gesellschaftschronist die Welt der Tonkunst in seinen Romanen nicht aus. Im Gegenteil, er nutzt Nebenfiguren aus dem Bereich des Musiktheaters sogar bewusst zur Charakterisierung seiner Protagonisten. Frau Jenny Treibel beispielsweise schmückt sich gerne mit ihrer Freundschaft zu dem ehemaligen Opernsänger Adolf Krola – weil es in den besseren Kreisen einfach dazugehört, Kultur zu haben. Für Effi Briest wiederum wird die Sängerin Marietta Tripelli zur Identifikationsfigur, weil sie es wagt, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und offen ihre Gedanken und Gefühle zu artikulieren.

Bei seinen eigenen Töchtern übrigens legte Theodor Fontane großen Wert auf Instrumentalunterricht. Guido Böhm weiß jede Menge solcher Details über den Literaturjubilar des Jahres 2019 zu berichten. Denn er hat als Dramaturg der Havelländischen Musikfestspiele eine ganze Reihe zum Thema „Fontane und die Musik“ mit vorbereitet.

Michael Homann rezitiert, der Bariton Christoph von Weitzel singt

Die ganzjährig aktiven Musikfestspiele haben ihr Büro im Schloss Ribbeck. Da liegt es natürlich nahe, sich auf diesen Aspekt des gerade überall in Berlin und Brandenburg gefeierten Künstlers zu fokussieren. Zumal es sich um eine echte Forschungslücke handelt. Die im Havelland jetzt ganz praktisch gefüllt wird. Mit Konzerten nämlich.

Das erste findet an diesem Sonntag auf dem Landgut Stober statt, 40 km westlich von Berlin. Ursprünglich von Peter Alexander von Itzenplitz errichtet, kaufte die Familie Borsig 1866 das Anwesen und etablierte hier einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb. Das Consortium Artis Streichquartett und der Fagottist Wolfgang Bensmann werden Kompositionen spielen, die in den Werken Fontanes auftauchen, Guido Böhm moderiert das nachmittägliche Konzert.

Auf Schloss Ribbeck geht es am 7. April dann um Vertonungen von Fontane-Gedichten und Balladen wie „Archibald Douglas“ und „Tom der Reimer“. Sie werden kontrapunktiert mit Werken des Romantikers Joseph von Eichendorff. Michael Homann rezitiert, der Bariton Christoph von Weitzel singt, am Flügel begleitet vom Gründer der Havelländischen Musikfestspiele, Frank Wasser.

Zwei neue Bühnenwerke mit Fontane-Bezug

Ob der Jubilar für junge Künstler noch eine Rolle spielt, soll der Wettbewerb „Sing den Theo“ klären: Bands, deren Mitglieder nicht älter als 25 Jahre sind, können sich bewerben, stilistische Grenzen werden nicht gezogen. Beim Finale am 2. Juni im Schlosspark von Ribbeck ermitteln dann das Publikum sowie eine Jury die Gewinner. Als Schirmherren für das Theo-Projekt konnte ein Berliner Popduo gewonnen werden, das sich nach einer geologischen Formation benannt hat, die im Havelland weit und breit nicht vorkommt: Berge.

Im September wird es auf Schloss Paretz um Fontanes Beziehungen zum alten Preußen gehen – untermalt mit folkloristischer Klassik von Mozart bis Brahms –, im Dezember schließlich um „Weihnachten bei Fontane“. Nur einen losen Bezug zum Autor hat Schloss Nennhausen – als Vorbild für Effi Briests fiktiven Geburtsort Hohenkremmen. Real wohnte hier der Literat Friedrich de la Motte Fouqué. Bei ihm war gerne E. T. A. Hoffmann zu Gast. Dass der auch Komponist war, wird Thema des Konzerts am 22. 9. sein.

Jenseits des Havellandes hat Theodor Fontane zwei Komponisten zu neuen Bühnenwerken inspiriert: Im Auftrag der Deutschen Oper Berlin formte Detlef Glanert aus dem Romanfragment „Oceane“ ein Musiktheaterstück, das am 28. April seine Uraufführung erleben wird, und Siegfried Matthus sitzt gerade an einer „Effi Briest“-Oper, die im Herbst am Staatstheater Cottbus herauskommen soll.

Weitere Infos zum Programm unter: www.havellaendische-musikfestspiele.de

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