zum Hauptinhalt
Ungleiches Duo. Melissa McCarthy und ihr flauschiger Ex-Partner.

© Tobis

„Happytime Murders“ im Kino: Wenn das Kermit wüsste

Versaute Puppen: In der Komödie „Happytime Murders“ jagen Melissa McCarthy und ein Puppen-Privatdetektiv Gangster in Los Angeles.

Kurz mal weghören, Kinder! Die sogenannten „Stoffis“, blaue Stoffpuppen, die gemeinsam mit den „Fleischis“, den Menschen, Los Angeles bevölkern, befinden sich in einem miserablen Zustand: Ihre Körper verkaufen sie für einen billigen „Zuckerfix“, in schmuddeligen Hinterzimmern drehen sie Pornos namens „Puppet Pussy Party“. Von den Menschen werden sie diskriminiert. Der desillusionierte Puppen-Privatdetektiv Phil kann ein Lied davon singen: Nach einem Verfahrenfehler verliert er seine Lizenz, seine Partnerin Connie (Melissa McCarthy) kann ihm das nicht verzeihen. Doch eine mysteriöse Puppen-Mordserie führt die beiden wieder zusammen: Jemand schlachtet brutal die Ex-Mitglieder einer abgesetzten Puppen-Menschen-Sitcom namens „The Happytime Gang“ ab.

Regisseur Brian Henson ist Spezialist für „Muppets“, die von seinem verstorbenen Vater mit Frank Oz erfundenen Handpuppen. Mit seinem Film „The Happytime Murders“ versucht er diese Idee jetzt weiterzudrehen. Seine knollnasigen Charaktere, die sich an Film-Noir-Archetypen orientieren, sind nicht nur grimmig wie Waldorf und Statler oder cool wie Sonnenbrillenträger Floyd Pepper, sondern weiden sich auch genüsslich an Sex und Gewalt: Bei der schnellen Nummer mit einer Klientin regnet es Puppensperma, trübsinnige Zucker-Junkies bieten anderen Puppen und Menschen Blowjobs an, und bei den Morden fliegen Watte und Gaze. Dazwischen stapft die humoristisch grundsolide Melissa McCarthy umher und versucht, die von ihrem Ex-Partner komplett ignorierte Political Correctness zu retten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Aber Henson, der nach den „Muppets“-Weihnachtsfilmen seinen für erwachsene Zuschauer kreierten „Miskreant Puppets“ nun einen Krimi widmet, scheint die letzten Jahrzehnte verschlafen zu haben: Versaut allein ist schon lange keine Provokation mehr, schon gar nicht mit Plüschtieren. Peter Jacksons anarchistischer „Meet the Feebles“ machte 1989 den Muppets den Garaus, und der misanthropische Riesenteddy „Ted“ kokste sich bereits durch zwei Filme. Hensons Puppenpimmelwitze bleiben dagegen auf dem Niveau einer Studentenparty hängen.

Seine – einwandfrei geführten und detailliert gestalteten – Stoffis scheinen dem Geist Robert Crumbs entsprungen zu sein, dessen obsessives Überspitzen körperlicher Merkmale einst dessen Bürgerschreckstatus ausmachte. Heute, wo bunte Stoff-Vulven Kinder bei der anatomischen Aufklärung helfen, löst der „Basic Instinct“-Flasher einer weiblichen Schlafzimmerblick-Puppe kaum noch peinliches Kichern aus. Dem kann auch McCarthy wenig entgegensetzen, und ihre Emanzensprüche in einer Gangsterbude, in der knapp bekleidete Puppenmädchen missbraucht werden, wirken halbherzig. Hinter Hensons Idee steckt ein muffiges Humorverständnis. Die Rassismus-Anspielungen in dieser „Multikulti“-Gesellschaft, in der die blauen Stoffis sich bleichen, um den Menschen zu ähneln, sind zwar eine hehre Idee, verlieren sich aber im Spektakel. Kermit wäre entsetzt gewesen.

In 9 Berliner Kinos, OV: Neukölln Arcaden, Cinestar Sony Center, UCI Eastgate, Colosseum

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false