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Peter Handke, Schriftsteller aus Österreich und Literaturnobelpreisträger, vor dem Tor seines Hauses in Chaville am Tag der Nobelpreisverkündigung

© dpa

Handke und der Literaturnobelpreis: Versöhnung in weiter Ferne

Wenn Peter Handke am 10. Dezember in Stockholm den Nobelpreis überreicht bekommt, dürfte es wie 2014 in Oslo bei der Ibsen-Preisvergabe zu Protesten kommen.

Man muss kein Prophet sein, um sehen zu können, dass die Literaturnobelpreisverleihung am 10. Dezember in Stockholm keine der wie üblich gediegen-feierlichen Zeremonien werden wird.

Dass es zumindest viele Begleit- und Störgeräusche von angereisten oder inzwischen in Schweden lebenden Demonstranten aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien gibt: vor dem klassizistischen Gebäudes des Stockholmer Konzerthauses, wenn Peter Handke dort seine Nobelpreismedaille aus den Händen des schwedischen Königs entgegennimmt.

Oder auch vor dem Stockholmer Schloss, wo alle Nobelpreisträger zu einem Abendessen bei der schwedischen Königsfamilie eingeladen sind.

Vermutlich weiß das Peter Handke sehr genau, ist ihm das schließlich schon einmal in Skandinavien widerfahren, vor fünf Jahren, als er den Ibsen-Preis zugesprochen bekommen hatte und vor dem Nationaltheater in Oslo von einst aus Bosnien und dem Kosovo Geflüchteten als „Faschist“ und „Genozid-Leugner“ beschimpft worden war.

„Fahrt zur Hölle. Dort seid ihr schon“, schimpfte Handke in seiner Dankesrede zurück. „Schande über all jene, die die Demokratie missbrauchen und der Ignoranz, dem Hass, der Lüge in den sogenannten Medien Raum geben - und das im Namen der Demokratie.“

Das Ibsen-Preisgeld hatte Handke angeblich gestiftet und zurückgegeben

Was sofort die Frage aufwirft, wieviel Ignoranz, Hass und Lüge Peter Handke in seinen Jugoslawien-Büchern Raum gegeben hat? Und natürlich ist man gespannt, was für eine Dankesrede der 76-jährige Schriftsteller dieses Mal hält; für einen Preis, über den er 2014 sagte, dass er „endlich“ abgeschafft werden solle, dieser mit seiner „falschen Kanonisierung“ der Literatur überhaupt nicht helfe.

Den Ibsen-Preis hatte Peter Handke seinerzeit angenommen, das Preisgeld von knapp über 300.000 Euro angeblich aber zu einem Teil an den norwegischen Staat zurückgehen lassen, zu einem anderen für den Bau eines Kinderschwimmbads im Kosovo gestiftet. (Das es zumindest im August 2016, als sich der Schriftsteller Ralph Hammerthaler im Kosovo für die „Süddeutsche Zeitung“ auf die Suche nach dem Bad machte, noch nicht gab).

Trotz der seit der Literaturnobelpreisverkündung heftig geführten Debatte über Handke gibt es bisher von seiten des Schriftstellers keine Anzeichen dafür, abermals auf das Preisgeld von nun knapp 850 000 Euro zu verzichten oder es zu spenden, gar den Nobelpreis nicht annehmen oder wenigstens auf das Erscheinen in Stockholm verzichten zu wollen. Handke scheint sich nun doch richtig und angemessen kanonisiert zu sehen.

Der Preis für Handke lenkt von den Verfehlungen der Akademie ab

Noch abwegiger ist es, dass die Schwedische Akademie ihrerseits die Entscheidung für den Österreicher noch einmal überdenkt, trotz des „Ketzerbriefe“-Interviews, das sie, wie es hieß, nicht kannte und nun noch „prüfen“ wollte. Denn wie sähe das aus, gerade nach den Turbulenzen und heftigen Zwistigkeiten innerhalb der Akademie in den vergangenen zwei Jahren?

Diese hatten zu einer Aussetzung des Literaturnobelpreises vergangenes Jahr, zu diversen Rücktritten und der Wahl eines fünfköpfigen externen, den Preis für 2019 und 2020 mitauswählenden Komitees geführt. Kaum aber war der Name von Handke bei der Preisverkündung in Stockholm am 10. Oktober gefallen, hatte niemand mehr über die vielen Verfehlungen der Akademie gesprochen, über ihre Befähigung oder auch Anmaßung, die Weltliteratur zu kanonisieren, sondern nur noch über Handke und Jugoslawien. Und das auch dahingehend, und viel viel intensiver als bei seinen Vorgängern und Vorgängerinnen, ob der Rest seines Werkes literaturnobelpreiswürdig sei.
Ob sich die Debatte bis zum Tag der Nobelpreisverleihungsfeierlichkeiten beruhigt? Bislang sieht es nicht so aus. Nicht zuletzt weil Peter Handke selbst keine Veranlassung zu sehen scheint, dafür zu sorgen.

Ja, oder auf den Gedanken zu kommen, einmal einzugestehen, dass er sich hie und da womöglich geirrt habe. „Ich bin schändlich versöhnlich“ hat er vor Jahren einmal in einem Interview gesagt; den Eindruck macht er öffentlich leider ganz und gar nicht.

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