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Peter Parker (Tom Holland) bekommt es in „Spider-Man: No Way Home“ mit Widersachern aus früheren Superhelden-Franchises zu tun.

© Sony

Gruß aus dem Multiversum: Spider-Man kehrt zurück

Reifeprüfung für Superhelden: In „Spider-Man: No Way Home“ expandiert das Marvel-Universum.

Von Andreas Busche

Marvel-Fans, die sich jede neue Actionfigur ins Regal stellen, umtreibt seit Generationen die Frage, welcher Superheld wohl der stärkste sei. Das Marvel Cinematic Universe (MCU) hat diese Konkurrenz irgendwann selbstironisch übernommen; und je mehr Superhelden sich in den Filmen tummelten, desto zentraler wurde der Kräftevergleich auch für die Gruppendynamik der Avengers-Comedytruppe.

Natürlich waren es immer die männlichen Helden, die Ansprüche anmeldeten. Dabei war spätestens seit Brie Larsons Auftritt als Captain Marvel klar, dass eine Superheldin für die Rettung der Menschheit unverzichtbar ist.

Die wechselhafte Spider-Man-Historie, die mit Tobey Maguire, Andrew Garfield und aktuell Tom Holland binnen 19 Jahren drei Darsteller verschliss, hat noch eine andere Konkurrenz eröffnet: nämlich die um den größten Sympathieträger unter den rot-blauen Capeträgern.

Auf Spider-Man, der bodenständigste unter den Superhelden, der gute Geist der Nachbarschaft, scheint seit Sam Raimis Reboot von 2002 ein Fluch zu liegen: Jeder Superheld wächst auch an seinen Herausforderungen. Darum war für Maguire nach einem schwachen dritten Film Schluss, Garfield verschwand nach zwei uncharismatischen Endgegnern von der Bildfläche.

Tom Hollands dritter Einsatz als Spider-Man

„Spider-Man: No Way Home“ ist Tom Hollands dritter Film, womit er nach dem sang- und klanglosen Abschied von Garfield wieder Kontinuität in das Franchise bringt. Auch Sony und Disney haben nach dem werbewirksamen Rechtsstreit um die Marvel-Figur erkannt, dass am Ende beide Konzerne von den Synergieeffekten einer Kooperation profitieren. Außerdem gibt „Spider-Man: No Way Home“ dem Marvel-Franchise nun die Gelegenheit, ein paar offene Enden in der Vorgeschichte der Figur zu verknoten.

Mit dem Vorgänger „Spider-Man: Far From Home“ endete der dritte „Avengers“-Zyklus. Nach dem Tod seines Mentors Tony „Iron Man“ Stark ist der immer noch pubertierende Weltenretter und High-Schooler Peter Parker auf sich allein gestellt, der überzeugte Junggeselle Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) nimmt sich der Rolle nur widerwillig an.

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Am Ende von „Far From Home“ lernt aber nicht nur Peters Schwarm MJ (Zendaya) die wahre Identität von Spidey, sondern auch der Rest der Menschheit. An dieser Superhelden-Bürde hat ein Teenager schwer zu schleppen, erst recht wenn als Kollateralschaden die Londoner Tower Bridge in Trümmern liegt. Plötzlich scheint selbst die Aufnahme am renommierten Massachusetts Institute of Technology für die drei Freunde – auch Peters bester Kumpel Ned (Jacob Batalon) ist wieder mit von der Partie – gefährdet.

Willkommen im Multiversum

Wie einfach wäre es doch, wenn die ganze Welt, gewissermaßen mit einem Fingerschnipsen, vergessen würde, wer sich hinter dem Kostüm von Spider-Man verbirgt? Der Mann mit den Zaubertricks in der Avengers-Gang ist Dr. Strange, aber selbst dem wird mulmig bei dem Gedanken, das Raum/Zeit-Kontinuum des Universums für einen depressiven Teenager zu stören.

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Gerade noch rechtzeitig vor dem großen Knall verschließt er seinen außer Kontrolle geratenen Zauberspruch wieder in einem Metallkasten; allerdings nicht früh genug für einige Schergen aus der Vergangenheit, die mit Spider-Man eine Rechnung zu begleichen haben. Ihnen gelingt der Sprung zwischen den Dimensionen – nur erwarten sie auf der anderen Seite nicht den von Tom Holland gespielten Peter Parker.

[Ab Mittwoch, den 15.12. in den Kinos]

Das Gerücht eines „Multiversums“ geistert durch die Marvel-Fanforen bereits seit dem Animationsfilm „Spider-Man: A New Universe“, der 2018 die familienfreundliche Botschaft vermittelte, dass in Jedem und Jeder Superheldenkräfte stecken. Und was sind konkurrierende Franchises – noch dazu solche mit offenen Enden – letztlich, wenn nicht ein einziges durchlässiges Multiversum? Auf diesem Konzept basiert das Marvel Cinematic Universe.

Reifeprüfung für Spider-Man

Marvel-Kopf Kevin Feige war schon immer clever genug, wirtschaftliche Interessen mit erzählerischer Finesse zu verbinden. Und nebenbei beantwortet „Spider-Man: No Way Home“ eine Frage, die bisher vermutlich nur in härtesten Fankreisen ernsthaft diskutiert wurde: Hätte der Grüne Goblin (Willem Dafoe), 2002 der Widersacher von Tobey Maguire, eine Chance gegen das Spider-Man-Update von 2021 mit seinem nanotechnologischen Strampelanzug? Und wie würde Andrew Garfields Widersacher Max Dillon (Jamie Foxx) alias Electro heute gegen den in galaktischen Schlachten abgehärteten Peter Parker wohl bestehen?

Regisseur Jon Watts gelingt mit seinen Autoren Chris McKenna und Erik Sommers, etwas Übersicht ins MCU zu bringen – und nach dem bemühten world building in „Shang-Chi“ und „The Eternals“ mehr Leichtigkeit. Tom Holland, inzwischen schon 25, erlebt in „Spider-Man: No Way Home“ seine Reifeprüfung: Sein Spidey war immer der Kindskopf unter den Avengers (auch im Vergleich mit seinen Vorgängern), nun muss er lernen, dass jede Entscheidung Konsequenzen nach sich zieht.

Selbst den Spruch mit der Verantwortung, die Superkräfte mit sich bringen, hat Watts ins Multiversum hinübergerettet. Dem Franchise eröffnet das Crossover völlig neue Möglichkeiten. Gut möglich, dass Tom Hollands Adoleszenz noch um ein paar Jahre verlängert wird.

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