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Taylor Simone Ledward nimmt den Preis für ihren im August verstorbenen Mann Chadwick Boseman entgegen.

© AFP/NBCUniversal

Golden Globes 2021: „Nomadland“, „Borat“ und „The Crown“ sind die großen Gewinner

Die Golden Globes stehen in diesem Jahr in der Kritik für ihren Mangel an Diversität. Die Auszeichnungen können das Problem ein wenig kaschieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andreas Busche

Die 78. Golden Globes standen ganz im Zeichen der Pandemie. Nicht nur, dass die Verleihung in der Nacht von Sonntag auf Montag rein virtuell stattfinden musste, mit einer sozialen Distanz der beiden Moderatorinnen Tina Fey und Amy Poehler von fast 5000 Kilometern (Fey war in New York, Poehler in Los Angeles); die Gewinner des Abends machten auch eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse in der amerikanischen Unterhaltungsindustrie unübersehbar.

Als großer Sieger ging Netflix aus der Nacht hervor, mit den Frontrunnern “The Crown”, “Damengambit” bei den Serien und Filmen wie “The Trial of the Chicago 7” und “Ma Rainey’s Black Bottom”, dem die etwas trostlose Veranstaltung mit auf einer Videoleinwand zugeschalteten Preisträgern auch ihren emotionalsten Moment verdankt.

Taylor Simone Ledward, die Ehefrau von Chadwick Boseman, nahm den Preis für den im August verstorbenen “Black Panther”-Star entgegen, der nun posthum für seine Hauptrolle in der Netflix-Produktion ausgezeichnet wurde. Es war eine erwartbare Entscheidung, und sie kam auch der Hollywood Foreign Press Association (HFPA), den Ausrichtern der Golden Globes, entgegen, die sich vergangene Woche mit Vorwürfen der Korruption und eines eklatanten Mangels an kultureller Diversität ausgesetzt sah. Unter den aktuell 87 Mitgliedern des Zusammenschlusses ausländischer Filmjournalisten befinden sich nur eine Handvoll People of Color und kein einziger schwarzer Kritiker.

Chadwick Boseman wird posthum ausgezeichnet

Die Preise für Chadwick Boseman, die chinesische Regisseurin Chloé Zhao mit ihrem Drama “Nomadland” (das auch als bester Film ausgezeichnet wurde), Andra Day (Hauptrolle in "The United States vs. Billie Holiday"), Daniel Kaluuya (als Black-Panther-Anführer Fred Hampton in “Judas and the Black Messiah”), John Boyega (Nebenrolle in der BBC-Miniserie “Small Axe”) und die koreanisch-amerikanische Indieproduktion “Minari”, die kurioserweise als bester fremdsprachiger Film gewann, sind immerhin ein Fortschritt gegenüber dem Vorjahr, als die Komikerin Awkwafina als einzige nicht-weiße Nominierte in der Kategorie “Komödie” einen Globe erhielt.

Aber es wird nichts daran ändern, dass die HFPA in Hollywood weiter an Bedeutung verliert. Da hilft es auch nichts, dass die Spitze der Nonprofit-Organisation noch am Wochenende Besserung gelobte. Als Gradmesser für die Oscars, die in diesem Jahr erst am 26. April verliehen werden, genießen die Golden Globes schon lange nicht mehr dasselbe Ansehen wie früher. Im vergangenen Jahr war die koreanische Satire “Parasite” der große Abräumer bei den Academy Awards, bei den Globes war er nur drei Mal nominiert.

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Die Krise der Golden Globes war in der Sonntagnacht allerdings kaum Thema. Nur Sacha Baron Cohen, der als Hauptdarsteller und Regisseur von “Borat Anschluss Moviefilm” als doppelter Preisträger aus dem Abend hervorging, dankte der “komplett weißen” HFPA für die Auszeichnungen. Aber auch das “Borat”-Sequel ist eine Amazon-Produktion.

Hollywood in der Krise

Im Grunde war Chloé Zhao mit ihrem bewegenden Sozialdrama “Nomadland” Hollywoods letzte Bastion in einer zunehmend von Streamingproduktionen dominierten Film- und Fernsehlandschaft. Ein Trend, der sich in diesem Pandemiejahr auch bei den Oscars fortsetzen wird. Da die meisten amerikanischen Kinos in den vergangene zwölf Monaten fast durchgehend geschlossen blieben, war diese Entwicklung zwar abzusehen, sie muss die großen Studios aber beunruhigen – auch wenn Netflix mit seinen Kampagnen für den David-Fincher-Film “Mank” und George Clooneys Regiearbeit “The Midnight Sky” zumindest die Auslandspresse in Hollywood nicht überzeugen konnte.

Leer gingen leider auch die deutsche Netflix-Produktion “Unorthodox” von Maria Schrader und Anna Winger sowie der Nachwuchsstar Helena Zengel aus, die in dem Western “Neues aus der Welt” ihrem Ko-Star Tom Hanks die Show stiehlt. Auch diese Hollywood-Produktion hatte es zu Beginn des Jahres nicht in die Kinos geschafft.

Zengel wird es verschmerzen, ihr steht eine große Karriere bevor. Mitte März werden die Oscar-Nominierungen bekanntgegeben, es könnte also gut sein, dass die Zwölfjährige dann noch einmal in den Listen auftaucht. Auch die Oscars werden in diesem Jahr an mehreren Orten verliehen. 2020 war ein anstrengendes Jahr für die amerikanische Filmindustrie; es bleibt nur die Befürchtung, dass die Pandemie auch einige notwendige Reformen verzögert.

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