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Gena Rowlands in "Love Streams" von John Cassavetes, 1984.

© Imago

Gena Rowlands zum 90.: Hollywoods verrückteste Diva

Ihr verdankt die US-Filmgeschichte einige der verwegensten Frauenfiguren. Zum 90. Geburtstag der Extremschauspielerin Gena Rowlands.

Als sie den Ehren-Oscar erhielt, das war vor fünf Jahren, ließ Gena Rowlands sich Zeit. „Du lebst nicht nur dein Leben, du lebst viele Leben“, sagte sie bei der Verleihung, um dann in aller Seelenruhe eine Geschichte von sich und ihrer Freundin Bette Davis zu erzählen. Wie Bette Davis und sie bei einem Dreh die Tagesaufnahmen guckten und jede natürlich nur auf sich selbst achtete, wie Davis sich dann über ihre eigene orangene Lippenstiftfarbe aufregte, während Rowlands dachte, Davis schimpfte über sie, die vermeintliche Konkurrentin. Eine Geschichte über Diven und Eitelkeit, über Hybris und Ängste, aber auch über Freundschaft und Verständnis.

Gena Rowlands stand am Pult und sprach mit leicht schleppender Zunge, ihrem berühmten lasziven, somnambulen Idiom, wegen dem ihre Figuren so leicht unterschätzt werden. Sie spielte Bette Davis nach und sich selbst. ihr 85-jähriges Gesicht spiegelte die Geschichte der Schauspielerei. Und anschließend flirtete sie derart heftig mit der Oscar-Statuette, dass sämtliche Männer im Saal die Eifersucht gepackt haben muss.

„Gena Rowlands hat das weibliche Stereotyp ihrer Generation zerschmettert“, sagte Laura Linney bei ihrer Laudatio und Cate Blanchett verriet, dass Rowlands ihr unentwegt im Kopf herumgeistert.

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Gena (sprich: Dschenna) Rowlands, Jahrgang 1920, ist eine der unglaublichsten Schauspielerinnen Hollywoods und der USA. Eine Diva des alltäglichen Wahnsinns, die mit unnachahmlicher Grandezza die Kapriziösen und die Katastrophen spielt, die Gequälten, die Neurotikerinnen, die Gangsterbräute und andere Göttinnen. Es lohnt sich, anlässlich ihres heutigen 90. Geburtstages ein paar Filme ihres Mannes und Exmannes John Cassavetes wiederzusehen, der ihr mehr Großaufnahmen geschenkt hat als jeder anderen seiner Figuren.

Kindfrau, Teufelsweib, unbezwingbar: Gena Rowlands in den Filmen von John Cassavetes

In „Gloria“ (1980) läuft sie in High Heels und Seidenkostüm auf die Straße, zieht eine winzige Pistole aus ihrer Handtasche, erschießt ihren Verfolger – und steigt in ein Taxi. In „Love Streams“ (1984) ersteht sie in einer Zoohandlung ein Pony, Ziegen, Hühner und weitere Viecher, um sie ihrerseits ins Taxi zu stopfen und ihren Bruder damit zu beglücken.

In „A Woman under the Influence“( 1974) ist sie Kindfrau und Teufelsweibe, hautnah, hysterisch, unbezwingbar. Eine Ikone, aber eine, die alle Ketten sprengt und ihr Innerstes nach außen kehrt, so wie andere den Inhalt ihrer Handtasche ausschütten. Als sei es keine große Sache.

Gena Rowlands zeigt die Kraft, die in der Freiheit steckt, den Kraftakt des Unabhängig-Seins. Die sich selbst vergessende Schönheit. Den Adel eines faltigen Gesichtes. Und die Auflösungsprozesse der Verzweiflung, des Alterns.

1978 erhielt sie für "Opening Night" einen Silbernen Bären

„I’m almost not crazy now“, sagt sie in „Love Streams” zu ihrem von Cassavetes gespielten Film-Bruder. Ich bin fast nicht mehr verrückt. Oder „Opening Night“ , der 1978 die Berlinale eröffnete und ihr einen Silbernen Bären einbrachte: Da spielt sie eine Broadway-Primadonna und agitiert ihren Bühnenkollegen: „Komm, hab Mut! Lass uns rausgehen und dem Publikum zeigen, worum zum Teufel es geht.“
Geboren ist Rowlands in Cambria, Wisconsin als Tochter einer Künstlerin und eines Bankiers. Sie brach ihre Schauspielausbildung ab, um in den 50er Jahren zunächst auf der Bühne zu stehen, am Broadway und anderswo. Ohne ihre heftige, chaotische Beziehung zu dem rebellischen Schauspieler und RegisJohn Cassavetes hätte es New Hollywood, das neue, unabhängige US-Kino der 70er, vielleicht nicht gegeben. Und mehr noch: Sie ist „Eine andere Frau“ im Film von Woody Allen, spielte unter Regie von Jim Jarmusch („Night on Earth“), Paul Schrader („Light of Day“) und Lasse Hallström („Ein charmantes Ekel“). Und noch im hohen Alter stand sie vor der Kamera, etwa in Produktionen ihrer Kinder Zoe und Nick Cassavetes.
Man wünscht ihr ein rauschendes Fest, heute an ihrem 90. Geburtstag.

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