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Elefant reimt sich auf "brillant"

© dpa

Gedichte für Kinder: Was Grillen wirklich grillen

Vorlage zum Weiterreimen: Der Hamburger Schriftsteller Nils Mohl veröffentlicht zwei famose Lyrikbände für Kinder und Jugendliche

Zu den allerschönsten Buchstaben gehört das „ö“. Es ist klein und kugelförmig. Die Pünktchen könnten Ohren sein. Oder Augen über einem Mund, der kreisrund geöffnet ist, um genau diesen Buchstaben auszusprechen: ö. „ö“ sagt man so, wie man Seifenblasen in den Wind pustet: behutsam und konzentriert. Wie scharf und schneidend klingt doch ein „nein“. Das „nö“ hingegen, sein kleiner Bruder, schmeichelt sich geradezu ins Ohr. Wer das „nö“ in den Mund nimmt, zagt und zaudert noch, es ist der Ausdruck eines schlangentanzförmigen Mit-sich-selber-Ringens von Lebenskünstlern, die über ein Angebot nachdenken und sich am Ende – ach! – entschließen, es lieber doch auszuschlagen. Nein-Sager ziehen einen Schlussstrich, mit Nö-Sagern bleibt man im Gespräch. Höchste Zeit, dem Nö ein Denkmal zu setzen. Nils Mohl tut das nun mit seinem Gedicht „das schöne nö!“:

„du machst urlaub in malmö

das juckt mich nicht: nö!

du drehst um bei jeder bö

mach ich das mit? nö!

du schätzt es lieber peu à peu

ich aber nicht: nö!

du verkehrst im geld-mileu

gefällt mir das ? nö!

du willst meinen billard-queue

meine antwort: nö!

du wünscht mir die diarrhöe

he! moment mal: nö!

wie - du sagst mir schon adieu?

och komm bitte: nö nö nö ...“

Der Hamburger Schriftsteller veröffentlicht gleich zwei famose Bände voller Knittelverse, Harakiri-Haikus, Wortspielereien und Nonsenspoesie. Der eine – „Tänze der Untertanen“ – ist für Jugendliche, der andere – „König der Kinder“ – für Kleinere. „das schöne nö!“ stammt aus ersterem, der Titel ist bei Thomas Brasch ausgeliehen. Mit „anton“, einem Gedicht aus lauter mit „a“ anfangenen Wörtern, huldigt er „ottos mops“ von Ernst Jandl. Zu Mohls lyrischen Vorfahren zählen aber auch Ringelnatz, Heinz Erhardt und die Autoren der Neuen Frankfurter Schule.

Wo Müll war, wird Hirn draus

Mohl weiß einen „astreinen Spruch für Transparente: Hinten kackt die Ente“ und gelangt zu erstaunlichen Erkenntnissen: „ändert man / im wort / müll nur vier / buchstaben / hat man / plötzlich hirn.“ Manchmal wird er expressionistisch („ummöwt strande ich meernah“), er startet „barfuß und in pyjamakluft“ zum Traumflug von seinem Hochhausbalkon, kocht ein Potpourri aus Redensarten („salz suppen hau eier in die pfanne / beiß ins gras sofern es schmeckt“) und trauert um eine scharf gewürzte Chinaente: „ente flennte / ente pennte / ente am ende / depri-ente“.

Bedichten lässt sich einfach alles

Im Königskinder-Buch geht es ausgesprochen tierisch zu, vor allem maritim. Trübselige Quallen tauchen auf und gleich wieder unter, Kraken und Seepferdchen werden besungen. Affen klauen Muffins, ein Ferkel macht sein erstes „oink“, einmal geraten die Arten buchstabendrehend durcheinander: „blische fubbern / pechte spochen / puff: der wudel / miep-miep: die paus.“ Und man wird doch noch mal fragen dürfen, was Zirpen wohl aufs Rost legen, wenn sie grillen. Fleischtomaten-Spieß, gewürzt mit Paprika edelsüß? Vegetarische Wurst, die Folge Rhabarber-Schorlen-Durst? Oder diverse Kolben Mais, im Anschluss gibt’s Pistazieneis?

Wenn Mohl Tiere lobend lauter Einzeiler aneinanderreiht – „brillant elefant / bingo flamingo / ganz schön helle forelle / supi guppy“ –, ist das eine Einladung weiterzureimen. Nichts nämlich existiert in dieser Welt, das sich nicht bedichten ließe. Wie enden nun? Am besten mit einem Kurzmärchen: „frosch / kuss / prinz / schluss.“ (Nils Mohl: Tänze der Untertanen. Gedichte. Illustriert von Katharina Greve. Mixtvision, München 2020. 63 Seiten, 16 €. Ab 12 Jahren).

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