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In der Galerie ChertLüdde in der Ritterstraße in Kreuzberg.

© Wolfgang Kumm/dpa

Gallery Weekend: In der Berliner Kunstwelt ist der Nachwuchs bedroht

Berlins Galerien bringen Kultur, Gäste und Geld in die Stadt. Doch den Politikern ist das seltsamerweise schwer zu vermitteln. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christiane Meixner

Ja, ist schon wieder Fashion Week? Man könnte es meinen, denn die internationale Modeszene hält gerade Hof in Berlin. Prada am Kurfürstendamm lädt zu Cocktails, Tiffany gibt einen glamourösen Empfang und das Champagnerhaus Ruinart feiert eine exklusive Kooperation in einer Galerie in der Auguststraße. Doch sie alle kommen, weil an diesem Wochenende das Gallery Weekend 2019 stattfindet: zum 15. Mal, eine beispiellose Erfolgsgeschichte und Beweis für die starken Anziehungskräfte zeitgenössischer Kunst.

Noch immer melden sich internationale Marketingprofis bei den Berliner Veranstaltern, um ihnen das Erfolgsrezept für ihr Event abzutrotzen. Dabei gibt es gar keine Anleitung mit Garantie. Bloß die unglaublich hohe Qualität der Galerien, die sich über Jahrzehnte hier angesiedelt haben und Künstler aus aller Welt ausstellen. Der April-Termin ist gesetzt, die Hotels sind voll, zahllose Sammler angereist. Was will man mehr? Nicht unken, doch eines fällt schon länger auf: Unter den offiziellen Gastgebern sind immer weniger Galeristen der jüngeren und jüngsten Generation.

Das eigentliche Gallery Weekend – 45 Galerien öffnen das ganze Wochenende und geben ein Dinner für rund 1000 geladene Gäste – finanziert sich komplett aus den Beiträgen der Teilnehmer. 7500 Euro waren es in den vergangenen Jahren pro Galerie. Doch obwohl der Preis inzwischen reduziert worden ist, winken jene ab, die mit steigenden Mieten, teuren auswärtigen Messen und Sammlern hadern, die gerade ungern in Unbekanntes investieren. Wer um seine Existenz kämpft, der kann auch keine 5000 Euro bezahlen.

Zerrieben zwischen Unzuständigkeiten?

Der Nachwuchs ist in Gefahr, und das gleich doppelt. Denn ohne die Galerien der Zukunft fehlen am Ende ebenso die Bühnen für jene, die jedes Jahr aus den zwei Kunstakademien dieser Stadt strömen und für ihr Publikum sichtbar werden müssen. So viele Kunstvereine und Projekträume – deren Zahl aus den genannten Gründen ebenfalls stetig schrumpft – kann es gar nicht geben, dass sich allein in ihren Räumen die Vielfalt der aktuellen Kunstszene abbildet. Selbst das Gallery Weekend leidet auf Dauer darunter. Die Mischung aus Etabliertem und Neuem, aus Werken, die ein Vermögen kosten und solchen für kleinere Budgets, droht zu verschwinden.

Es gäbe zahlreiche Ideen mit Nutzen für viele: ein Ankaufsetat für junge Kunst zugunsten etwa der Berlinischen Galerie; ein Unternehmen, das in aufstrebende Berliner Künstler investiert wie früher die Gasag; finanzielle Unterstützung für jene Nachwuchs-Galerien, die erstmals zum Gallery Weekend eingeladen sind. Vor allem aber müssten Berlins Galeristen von der Politik als Partner wahrgenommen werden, die alles zusammen in die Stadt bringen: Kultur, Gäste und Geld. Dass die drei Faktoren in diesem Fall untrennbar sind, lässt sich seltsamerweise nur schwer vermitteln.

In der Senatsverwaltung für Wirtschaft finden Berlins Galeristen kein Gehör, hier wurde zuletzt selbst die kleine Förderung von Teilnahmen auf auswärtigen Messen eingestellt. Kultursenator Klaus Lederer fasst seinen Auftrag eng und fördert – Kultur. „Für die Galerien und Messe ist die Wirtschaftssenatorin die Ansprechpartnerin“, hat er im vergangenen Herbst erklärt.

Das Gallery Weekend, zerrieben zwischen Unzuständigkeiten? Es wäre fatal für Berlin, wenn das Highlight des Frühjahrs seine Zugkraft verliert.

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