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Walds Spiegel bestehen aus dem polierten Silber alter Münzen

© Galerie Marzona

Galerie Daniel Marzona: Hautnah

Die Galerie Daniel Marzona zeigt Arbeiten von Johannes Wald in ihren neuen Räumen.

Es ist, als würde eine Tür wieder aufgehen und den Blick auf etwas ermöglichen, das lange verborgen war. Zu diesem Eindruck, den man in der Galerie Daniel Marzona gewinnt, tragen zwei Dinge bei. Erstens hat Marzona die ehemaligen Räume der Galerie Jörg Johnen bezogen: einen absurd hohen white cube unter dem Dach einer barocken Remise. Und zweitens macht der Künstler Johannes Wald diesen Ort in der Eröffnungsausstellung zu einem ebenso hermetischen wie intimen Boudoir, in dem man sich unter anderem mit Walds Körper auseinandersetzen muss.

Zwei kleine Abdrücke seiner Brust an zwei sich gegenüberliegenden Wänden bilden den Rahmen. Dazwischen hängt ein halber Arm aus Gips von der Decke, liegt eine Bronzeplatte mit seinen Fußspuren auf dem Boden und hat Wald mit „Stein“ eine Art Findling plastisch nachgebildet. Für die Oberfläche wurde allerdings wieder der Abdruck eines menschlichen Körpers genommen. Weshalb der „Stein“ seltsam weich und verletzlich wirkt – als wäre er aus Haut geformt.

Besucher spiegeln sich in einer antiken Münze

Mit diesen Objekten (Preise auf Anfrage) füllt sich der Raum. Wald, der gerade auch eine Ausstellung in der Schwartzschen Villa in Steglitz hatte, ergänzt sein zartes, trotz allem Platz beanspruchendes Arrangement um den Besucher selbst: Tritt der vor eine vom Künstler mit hauchdünnem Silber versehene Glasscheibe, so spiegelt er sich als Porträt. Dass es sich bei der hochpolierten Spiegelfläche um die Reste einer antiken Münze handelt, auf denen für gewöhnlich das kaiserliche Konterfei abgebildet wurde, macht die Arbeit „Stade du Miroir“ (2919) im Wortsinn reflektorisch: Sie fordert zu Gedanken über Wert und Wichtigkeit, die Historie und den eigenen Standpunkt heraus.

Wald ist ein Meister der leisen Verunsicherung. Sein von der Decke baumelnder Gipsarm hält Gips in der Hand und führt im selben Moment die Skulptur vor, in dem er davon erzählt, wie sie entsteht. Ein Ding der Unmöglichkeit – eigentlich. Und dennoch ist beides genauso präsent wie der Künstler in seinem Video „Folding time into space“ im Dachgeschoss des Hauses. Man sieht ihn durch eine 3-D-Brille Wald in seinem Atelier, rauchend und ruhend auf einem selbst gebauten daybed. Verblüffend echt, die Kamera kreist um den Künstler und macht ihn zum plastischen Objekt. Bis Wald aufsteht und die sogenannte Shutter-Brille den Effekt der Dreidimensionalität nicht länger halten kann. Der Künstler zerfällt in Einzelbilder, die Nähe im Atelier war pure Illusion.
Galerie Daniel Marzona, Marienstr. 10; bis 1. 2., Mi–Fr 11–18 Uhr, Sa 12–18 Uhr

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