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Der Bahnhof von Wladiwostok, der erste oder der letzte Halt auf der 9000 Kilometer langen Strecke der Transsibirischen Eisenbahn.

© imago images/VWPics

Fundstücke im Netz: 9000 Kilometer mit der Transsibirischen Eisenbahn

Was ist nah, was ist fern? Im ihrem Podcast „Kasha Today“ berichten Barbara Anna Bernsmeier und Jürg Andreas Meister über den Alltag in Russland.

Moskau und Sankt Petersburg mögen viele kennen, vielleicht sogar aus eigener Erfahrung. Orte wie Krasnodar, Yaroslavl, Perm und Kasan sind schon weniger bekannt, obwohl es teils Millionenstädte sind. Wladivostok, die Hafenstadt am Japanischen Meer, ist ein wichtiger Wirtschaftsstandort mit 600 000 Einwohnern. Dorthin führt der neue Russland- Podcast „Kasha Today“, den die Berliner Kulturmanagerin Barbara Anna Bernsmeier und der Journalist Jürg Andreas Meister von Januar an einmal pro Monat senden (https://anchor.fm/kashatoday). Bernsmeier und Meister, die beide selbst eine Weile in Russland lebten und sich als Kenner und Liebhaber des Riesenlandes outen, engagieren sich in der Initiative CETKA (russisch: „Netz“).

CETKA sucht den Austausch mit Regionen abseits der Hauptstädte in Belarus, der Ukraine und Russland. Den Podcastern geht es eher darum, über den Alltag in Russland zu erzählen. Über Putin, Kreml und Kriege hört man schon genug in den täglichen Nachrichten, über Menschen jenseits der Macht dafür weniger, sagen sie. Für die erste Folge interviewten die beiden die Zugbegleiterin Irina Anatolevna. Deren Arbeitsplatz ist der Platzkarten-Waggon von Wladiwostok nach Moskau. Unter Travellern ist die über 9000 Kilometer lange Strecke in der Transsibirischen Eisenbahn ein Mythos.

Sieben Tage ist man in Waggons mit brodelnden Samowaren unterwegs. Für Irina Anatolevna, der „Provodnica“, bedeutet das sieben Tage Arbeit mit Fingerspitzengefühl – und selbst wenn sie in Moskau Pause macht, lebt sie weiterhin im Waggon. Im Interview erzählt sie vom Mikrokosmos Zug, den Gästen, wie man Grenzkontrollen überwindet und mit flegeligen Fabrikbelegschaften umgeht.

Mit Podcasts in die weite Welt

Die beiden Hosts lassen ihre Gesprächspartnerin in langen Passagen auf Russisch sprechen, ohne dass simultan gedolmetscht wird. Die Übersetzung samt Kommentar kommt erst anschließend. Gut für Menschen, die russisch beherrschen, Entschleunigung für die, die es nicht können. Im zweiten Teil der knapp 50-minütigen Folge hört man auch Einspieler zur Frage, was Nähe in einem riesigen Land wie Russland bedeutet. Eine charmante Idee.

CETKA, mit Partnerorganisationen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk und im russischen Kirow, sucht auch sonst den Kontakt zu „Botschafter*innen des Wandels“ in Russland, Belarus und der Ukraine. Menschen, die Kunst- und Kulturzentren leiten, Demonstrationen und Performances organisieren oder sich dafür einsetzen, dass ein Teich in ihrer Stadt nicht plattgemacht wird. In einem Projekt, das seit September 2019 läuft, drehten rund ein Dutzend dieser zivilgesellschaftlich und künstlerisch arbeitenden Gruppen kurze Videoclips über sich und ihre Region. Diese Videos wurden bereits in einer Online-Premiere präsentiert und steht in diesen Tagen auch auf einer Website zur Verfügung.

Der Podcast entsteht am Berliner Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZK/U Berlin). Das auf einem ehemaligen Güterbahnhof in Moabit beheimatete ZK/U Berlin bietet jenseits von urbanen Projekten wie diesem auch Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen sowie 13 Atelierwohnungen für Künstler, Wissenschaftler*innen und Gruppen, die sich mit dem Thema „Stadt“ beschäftigen. Normalerweise wird regelmäßig zum „Open House“ eingeladen. In Pandemiezeiten kann man die Aktivitäten online verfolgen (www.zku-berlin.org).

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