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Fotografien von Bastienne Schmidt: Die Reisende

Argus zeigt Fotografien von Bastienne Schmidt.

„Das Reisen ist meine neue Heimat. Mit dem Bus, zu Fuß und in Gedanken entdecke ich die Welt der Bilder, in der Sprache zweitrangig ist“, sagt die Fotografin Bastienne Schmidt. Die Münchnerin lebt heute in New York, wo es es sie trotzdem nie lange hält. Für große Zeitungen reiste sie durch Lateinamerika und die USA. Ihre Fotobände „Vivir la muerte“ und „American Dream“ machten sie auch in Deutschland bekannt. Mit 35 Arbeiten stellt Argus-Fotokunst, passend zum Schwarz-Weiß-Programm der Galerie, die Fotografin zum ersten Mal in Berlin aus.

Fast alle Bilder entstanden auf ihren Reisen in den Neunzigern. Im Süden faszinierte sie das entspannte, fast heitere Verhältnis zum Tod. Die Fotografin zeigt eine Frau, die in einer ärmlichen Kirche in Guatemala mit gebeugtem Kopf vor der Kerze verharrt, die sie zum Andenken an einen Toten gespendet hat. In der Nähe lässt ein halbwüchsiger Junge mit Sombrero fröhlich seinen Papierdrachen steigen. Zwei junge Indiofrauen in Peru, mit Kostümen und steifem Hut sonntäglich ausstaffiert, die wohl zu viel Tequila getrunken haben, treten torkelnd den Heimweg an.

Mit dem Spaß scheint es vorbei gewesen zu sein, als die Fotografin dem Amerikanischen Traum nachging. Da präsentieren drei junge Mädchen mit abweisendem Gesicht das Gewehr, mit dem sie in einem Waffencamp so früh schon umzugehen lernen. Andere Altersgenossinnen paradieren unter Aufsicht ihres Lehrers am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag. Ein hell gegen den Morgenhimmel irgendwo in Louisiana aufgenommenes Bild zeigt eine lange Reihe weiß gekleideter Sträflinge, die mit geschulterter Schaufel über eine trostlose Ebene zur Arbeit marschieren. Es passt zur sarkastischen Stimmung in Bastienne Schmidts Bildern, wie der Wind heftig in die Flaggenparade auf der 5th Avenue in New York fährt.

Voreingenommenheit sollte man dieser Deutschen in Amerika nicht vorwerfen, wo doch ihre Offenheit für Licht und Schatten dem Betrachter selber den Blick weiten kann. Allerdings lässt sie sich nie auf einen Ort oder eine Landschaft länger ein, wie dies die großen amerikanischen Fotografen Robert Frank und Robert Adams getan haben, die so ein Lebenswerk schufen. Bastienne Schmidt zeigt sich immer als Reisende, die nicht dazugehört und doch mehr als einen Schnappschuss will. Ihre Neugier kommt aus dem eigenen Erleben und aus dem Vorsatz, die Wirklichkeit zu sehen, wie sie sich zeigt. (Preis je nach Größe des Handabzugs 1200 oder 2000 €) Hans-Jörg Rother

Galerie Argus-Fotokunst, Marienstr. 26, bis 10. 8.; Mi bis Sa 14–18 Uhr

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