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Versteckspiel. Das Foto „Identitätskrise“ von Zanele Muholi.

© Schwules Museum

Fotoausstellung im Schwulen Museum: Der Mut der anders Liebenden

Leben und Lieben in Südafrika. Die Documenta-Teilnehmerin Zanele Muholi zeigt im Schwulen Museum ihre Fotoserien von gleichgeschlechtlichen Paaren. Ihren Aufnahmen wohnt kein triumphaler Moment inne.

Am 30. November 2006 unterzeichnete die südafrikanische Vizepräsidentin Phumzile Mlambo-Ngcuka ein Gesetz, das es gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt, zu heiraten oder ihre Partnerschaft als gleichberechtigt mit der Ehe anerkennen zu lassen. Die Verfassung Südafrikas war die erste, die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verbot, ein Triumph für die LGBT-Gemeinschaft in Südafrika und weltweit. Ein anderes Bild bietet allerdings die Ausstellung „Silence will not protect you“ der südafrikanischen Fotografin und Aktivistin Zanele Muholi im Schwulen Museum.

Sie zeigt Porträts von lesbischen Paaren, queeren Aktivisten, Männern, die grellen Lippenstift tragen und als Frauen leben und Frauen, die ihre Brüste abbinden, um als Männer zu leben. Den Aufnahmen wohnt kein triumphaler Moment inne; aus ihnen spricht die Schwierigkeit, ein richtiges Leben in der falschen Gesellschaft zu leben. Südafrika ist noch immer geprägt von traditionellen Rollenentwürfen. Viele LGBTs erfahren Diskriminierung. Gender Trouble ist weniger ein Spiel mit Identitäten als: Trouble.

Umso mehr sind die Fotografien von Zanele Muholi, die 2013 an der Documenta teilnahm, ein Akt der Selbstbehauptung. Sie zeugen vom Mut. Da umschlingen sich zwei Frauen in zärtlicher Geste. Andere Paare blicken mit erhobenem Kopf in die Kamera. Das sind wir, deal with it – und wenn nicht, warum ist das unser Problem?, scheinen sie zu sagen. Muholi hat verschiedene Serien für die Ausstellung zusammengestellt. Sie heißen „Beloved“ (2005–2010), „Being“ (2007) und „Faces and Phases“ (ab 2006).

Das Foto zweier Frauen in bunten Wickeltüchern fällt besonders auf. Die eine sitzt, die andere steht. Sie blicken in entgegen gesetzte Richtungen, doch die Hände der Stehenden ruhen in einer zärtlich-trotzigen Geste im BH der Sitzenden. Während das Dokument lesbischer Zugewandtheit hier als Kunst im Museum hängt, würde man dafür woanders eingesperrt werden.

Den Besucher beschleicht deshalb das Gefühl, dass Muholi ihr Augenmerk eher auf die politische Botschaft legt als auf künstlerische Aspekte. Nicht die Ästhetik steht hier im Zentrum, sondern der mutige Akt. Diskriminierung ist dabei nicht nur ein südafrikanisches Problem. Obwohl hauptsächlich schwarze Frauen und Männer auf den Fotos zu sehen sind, erzählen sie von einem universellen Gefühl: Alle Menschen sehnen sich nach Zärtlichkeit und Angenommensein. Sich zu verlieben darf kein Verbrechen sein.

Schwules Museum, Lützowstr. 73, bis 9. 6.; So, Mo, Mi bis Fr 14–18 Uhr

Anne-Sophie Baltzer

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