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Kultur: Flora träumt

Lochbildkamera-Kunst von Hanns Zischler.

Das Publikum kennt ihn als Schauspieler, Essayisten und Erzähler. Dass Hanns Zischler auch eine stille Leidenschaft für die Fotografie hegt und seit 1990 mit der Lochbildkamera experimentiert, erfährt die Öffentlichkeit erst jetzt – knapp 30 seiner Arbeiten sind derzeit in der Alfred-Ehrhardt-Stiftung zu sehen. Die Technik ist nicht neu, die Geschichte der Camera obscura reicht bis in die Antike zurück: Das Licht fällt durch eine runde Öffnung in der Vorderseite des Holzkastens auf eine beschichtete Glasplatte oder eine Filmemulsion. In Zischlers Variante bündelt eine Blende die Lichtstrahlen. Je nach Sonnenschein beträgt die Belichtungszeit mehrere Minuten, da selten Windstille herrscht, entsteht eine reizvolle Unschärfe, die zu den Bildrändern hin zunimmt.

„Zischlers Lieblingsdarsteller sind der Himmel, das Wasser und der Wind“, heißt es im Katalog; hinzu kommen Blüten, Büsche, Bäume, Insekten, Gewässer, das Meer. Das letzte Wort spricht der Zufall. Hartnäckig, aber respektvoll verharrt der Künstler mit Uhr und Stativ vor dem Walten der Flora und Fauna. Einmal nur setzt er sich „vor rauer See“ selbst ins Bild, als Schattenriss von der Seite. Zischler, heißt es im Katalog, meidet die Welt des Theaters, „weil er nicht dauerhaft in geschlossenen, fensterlosen Räumen arbeiten möchte“. Naturräume werden ihm zu Räumen der Freiheit, die das Bild mit einem imaginären Schleier umwebt. Fast könnte man von Traumszenen sprechen, auch wegen Zischlers poetischer Titel wie „Windsbraut, erregt“, „Himmlisches Kind“ oder „Chromatische Fantasie“. Die Arbeiten sind für 1900 bis 2800 Euro im Angebot; die Auflage ist niedrig. Wer den Zauber dieser Fotografien für sich besitzen will, muss sich beeilen. Hans-Jörg Rother

Auguststr. 75, bis 30. 6., Di-So 11-18 Uhr, Do 11-21 Uhr, Katalog 24,80 €

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