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Sam Shepard macht unter dem Namen Floating Points Musik.

© CTM

Floating Points live in Berlin: Durchs Universum gleiten

Zum Abschluss des CTM-Festivals gaben Floating Points ein sphärisches Konzert im Berliner Astra.

Hinter ein paar Synthesizern und einem Fender Rhodes E-Piano hockt Sam Shepard, der unter dem Namen Floating Points mit „Elaenia“ eine der gefeiertsten Elektronikplatten des letzten Jahres herausgebracht hat. Der in London lebende Shepard hat sich auch als DJ einen Namen gemacht, aber zum Abschlussabend des Festivals Club Transmediale (CTM) im Astra muss schon ein richtiges Live-Set des 29-jährigen Produzenten her.

Live bedeutet im Kontext elektronischer Clubmusik heute meist, dass der Performer angestrengt auf sein Laptop starrt und mithilfe einer Software vorgefertigte Soundfragmente möglichst sinnig zusammenschraubt. Das läuft bei Floating Points etwas anders. Das Projekt präsentiert sich in Berlin als echte, vierköpfige Band. Gitarre, Schlagzeug, Bass und elektronisches Allerlei. In solch einer Besetzung könnte man auch Space- oder Jazz-Rock spielen – und genau das tun Floating Points dann auch.

Sam Shepard, der mit seiner Hornbrille, Schlabber-T-Shirt und kurzen Haaren, die man kaum Frisur nennen mag, aussieht wie ein Doktor der Neurowissenschaften, der er neben der Musik tatsächlich auch ist, klimpert höchst konzentriert auf seinem Equipment herum, für sein Publikum hat er kaum einen Blick. Der kosmische Jazz, auf den sich Floating Points bezieht, versucht Kontakt mit höheren Kräften, mit dem Transzendentalen aufzunehmen, und etwas Ähnliches hat die Elektronikband auf der Bühne des Astra auch im Sinn. Für einen solchen Prozess wäre die Hinwendung zu den Konzertbesuchern eher kontraproduktiv. Der Verbindungsstecker zum Universum könnte gezogen werden. Es geht darum, sich in den Synthie-Wallungen zu verlieren, um die Verschmelzung der Instrumente zu einer fließenden Klangsubstanz, in die man eintauchen soll wie in ein wohltemperiertes Bad.

Sam Shepard hat immer wieder betont, wie sehr er von Soul und vom spirituellen Jazz beeinflusst wurde, aber auch von den späten Talk Talk und deren Streben nach klanglicher Perfektion. Dem Wunderalbum „Elaenia“ von Floating Points hört man diese Ambitionen mit all seinen Streichern und den vielen elektronischen Pulsschlägen dann auch sehr gut an. Dies aber im Konzert so umzusetzen, dass es nach mehr klingt als nur guten Absichten, ist eine große Kunst. Echter Spirit lässt sich eben leider einfach nicht wie Käse an der Theke kaufen.

Gut, es gibt bei dem Auftritt auch einige arg verdaddelte Momente zu überstehen, in denen es weniger kosmisch denn arg bodenständig zugeht, aber im Großen und Ganzen verwandelt Floating Points die Klangalchemie von „Elaenia“ gekonnt in große Livemomente. Alles fließt, die Töne perlen aus dem Fender Rhodes wie unter den Händen von Chick Corea in dessen besten Momenten, die Band wird immer mehr zur Einheit und langsam, ganz langsam, geht das Club Transmediale Festival zu Ende. Es löst sich einfach auf.

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