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In der mongolischen Doku "Das Lied von den zwei Pferden" trifft Urna eine greise Sängerin.

© dpa/polyband

Filmkritik: Steppenmusik: Das Lied von den zwei Pferden

Nach ihrem Erfolg "Die Geschichte vom weinenden Kamel" kommt nun die mongolische Doku: „Das Lied von den zwei Pferden“ der Regisseurin Byambasuren Davaa ins Kino.

Sie war bis 1994 beim mongolischen Fernsehen und begann 2000 ein Studium an der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen. Von den anderen unterschied sich Byambasuren Davaa aus Ulaanbaatar durch ihre erfolgreichen Studentenfilme. Die „Geschichte vom weinenden Kamel“ wurde in über 60 Ländern gezeigt (und Oscar-nominiert), „Die Höhle des gelben Hundes“ war ihr Abschlussfilm.

Man könnte „Das Lied von den zwei Pferden“ als Schlussstück einer mongolischen Trilogie begreifen, aber solche Vorsätzlichkeit liegt der Regisseurin fern. Und doch ist es das Vorsätzliche, das hier verstimmt. Eine Sängerin hat ihrer Großmutter ein Versprechen gegeben. Sie will deren alter, zerstörter Geige ihre Töne zurückgeben. Nur ein geschnitzter Pferdekopf und der Hals mit den ersten Worten eines vergessenen Liedes sind noch übrig.

Ja, ganz richtig, wir sehen hier die Geschichte einer Geigenreparatur in einem geteilten Land, die sich von anderen Instrumentenwiederherstellungen dadurch unterscheidet, dass ihr Gelingen nicht verbürgt ist. Aber es ist doch möglich, denn sonst würde die Dramaturgie dieser 91 Minuten in sich zusammenfallen. Ist dieses Vorwissen mit dem Zuschauerstolz vereinbar? Und ist Davaas Unentschieden zwischen Dokumentation und Spielfilm nicht prätentiös? Ja, ist es. Und es lohnt trotzdem! Nicht nur, weil Davaas Film Unwiederbringliches bewahrt, eingreift in das große Verschwinden vor aller Augen.

Davaa hat die mongolische Sängerin Urna in München getroffen. Und Urna Chahar-Tugchi hatte tatsächlich eine Großmutter, von der sie die alten Lieder ihres Volks lernte, die in der inneren Mongolei während der Kulturrevolution verboten waren. Die Pferdehalsgeigen, diese mongolischen Nationalinstrumente, mussten zerstört werden. Nichts sollte übrig bleiben vom Gestern. Es wird schon alles kommen, wie Mao es wollte, nur aus anderen Gründen: Heute zerstören die Bagger der Goldminensucher die Steppe. Und auch die mongolischen Nomaden in der äußeren, ehemals sowjetischen Mongolei vergessen vor dem Fernseher ihre Lieder.

Wann ist ein Volk erloschen? Vielleicht erst, wenn es sich nicht mehr an seine Musik erinnert. Andererseits: Warum die Nomaden mit ihrer Musik alleinlassen? Globalisierung heißt auch geteilte Erinnerung.

Kant, Kulturbrauerei; OmU im fsk.

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