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Willem Dafoe erhielt für die Rolle als van Gogh in Venedig den Darstellerpreis.

© epd

Film von Julian Schnabel: Willem Dafoe spielt "Van Gogh - An der Schwelle zur Ewigkeit"

Sehen als Welterfahrung: Julian Schnabels Van-Gogh-Film wagt einen anderen Blick auf den Künstlermythos. Eine Kritik.

Geh nach Süden!, sagt Gauguin noch, als sie aus dem Pariser Café treten, in dem der Wirt eigenhändig van Goghs Bilder abhängt. Sie würden die Gäste vertreiben. Entscheidend ist, was auf Gauguins Geh-nach-Süden!-Satz folgt. Es sind Porträts tendenzieller Erfrierungen in der Provence, frostige Fenster, und auf den Feldern aufrecht stehende Sonnenblumenmumien, übriggeblieben vom letzten Sommer.

Vergesst van Goghs Sonnenblumen oder schaut zweimal hin! Es sind Gespenster. Spätestens jetzt weiß man: Dieser Film wird es schaffen. Ist es wichtig, wie viele Van-Gogh-Filme es schon gibt? Der letzte kam Ende 2017 ins Kino, „Loving Vincent“ von Dorota Kobiela und Hugh Welchman, der erste Ölfilm der Geschichte. Also einer, der aus lauter Ölbildern bestand, die begannen sich zu bewegen. Das war keine Spielerei, es war ein durchaus furioses Stück Kino, aber Julian Schnabel, den Regisseur, der auch Maler ist, den Maler, der auch Regisseur ist, fragt man besser nicht danach. Sein Film ist die Antithese.

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Geh nach Süden! Die Kamera vermisst ganz langsam das karge Zimmer mitsamt dem frierenden Maler darin, dieser vermisst erst seine Füße, dann seine Schuhe. Sie sind die einzigen, die seine Gesellschaft nicht fliehen wie die Menschen. Sie werden gewiss bald auseinanderfallen wie er. Höchste Zeit, sie zu malen.

Die Kamera geht jede Bewegung des Malers mit. Van Gogh läuft viel in diesem Film, aber ganz anders als Menschen gemeinhin durch Filme laufen. Hier wird es zur Welterfahrung, und wir dürfen sie teilen. Man müsste die Kamera im Maler platzieren können, in seinen Händen, Füßen und seinem Hirn zugleich!

Das ist ohne Zweifel das Ideal des Regisseurs, und obwohl er doch draußen bleiben muss, erreicht er es fast. Was auch an Willem Dafoe liegt, dem Schauspieler mit Glutkern, dessen äußere Umrisse wohl aus erkalteter Lava entstanden sind.

Für seinen van Gogh bekam er in Venedig den Darstellerpreis. Leider widerstand Schnabel nicht der Versuchung, den neuesten Stand der Forschung zu berücksichtigen, derzufolge Dorfjungen auf den Maler geschossen haben. Nun ja. Schön ist dagegen das Motiv des großen leeren Buches, das ihm die Kneipenwirtin von Arles aus Mitleid schenkt und das er, mit Zeichnungen gefüllt, neben die Kassenbücher zurückstellte. Es wurde erst unlängst gefunden.

Ab Donnerstag in 14 Berliner Kinos. OmU: Babylon Kreuzberg, FaF, Hackesche Höfe, ILKino, International, Kino in d. Kulturbrauerei, Odeon. OV: Cinestar Sony-Center.

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