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Miley Cyrus bei den MTV Video Music Awards in Los Angeles.

© Mario Anzuoni/Reuters

Festivalauftritt von Miley Cyrus in Berlin: Warum will es das Lollapalooza allen recht machen?

Miley Cyrus spielt neben Rage Against the Machine auf dem Lollapalooza. Das Booking wirkt kalkuliert, uninspiriert und beliebig zugleich. Eine Glosse.

Kann man den Veranstaltern des Lollapaloozas tatsächlich so viel Selbstironie zutrauen? Am Dienstag veröffentlichte das Team ein Video mit dem vorläufigen Line-Up für die diesjährige sechste Auflage des Musikfestivals im September. Darin tanzen mit Emoji-Masken ausstaffierte Menschen zur Präsentation der Künstlernamen. Unterlegt ist das Ganze mit dem Song „Keine Party“ der Hamburger Anarcho-Elektropunker Deichkind, die auch beim Lollapalooza auftreten werden. „Wir wollen keine Party / Was fällt euch eigentlich ein? / Ey Leute, sagt mal geht’s noch? / Das kann doch wohl nicht sein.“ Dem ist angesichts des angekündigten Programms eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.

Als vergangene Woche Rage Against the Machine als erste Band der Veranstaltung verkündet worden waren, keimte bei manchem Festivalgänger die Hoffnung auf, dass die Zeiten des willkürlich zusammengewürfelten Programms vorbei sein könnten. Aber das Lollapalooza wäre nicht das Lollapalooza, wenn es sich nicht in seinem atemberaubenden Eklektizismus jedes Jahr selbst überbieten würde.

Das gute alte Rezept: Viele Zutaten für alle Geschmäcker, dann ist auch für jeden was dabei. So wurde nun also Miley Cyrus als zweiter Headliner für 2020 bestätigt. Jener einstige Disney-Teeniestar, der in den vergangenen Jahren vor allem dadurch Aufmerksamkeit erzeugte, weil er das Image des Disney-Teeniestar abschütteln wollte. Das jedoch weniger mit guter Musik, als mit einer Vielzahl von Affären und Skandalen.

Fade und nichtsaussagend

Dazu eine Handvoll des abgestandenen, gefühlsduseligen Schmusepops von AnnenMayKantereit. Eine Messerspitze belangloser, deutschsprachiger Radiorap der Sorte Alligatoah und Apache 207. Abgerundet mit einer Prise massentauglichen Stadion-Elektros à la Lost Frequencies, Alle Farben, Timmy Trumpet und DJ Snake. Wohl bekomms! Wenn es nicht schon vorab Bauchschmerzen erzeugt – weil alles so fade und nichtsaussagend wirkt wie ein Big Mac-Menü bei McDonalds.

Und was unter Köchen noch immer gilt, ist auch in der Musikbranche Norm: Männer dominieren das Business. Unter den fettgedruckten Headlinern finden sich mit Miley Cyrus und Yolandi Visser von der südafrikanischen Formation Die Antwoord bisher nur zwei Frauen. Letztere wurde im vergangenen Jahr zusammen mit ihrem Partner Watkin „Ninja“ Tudor Jones von mehreren Festivals ausgeladen. Grund dafür war ein Video, in dem die Band Andy Butler, den Frontmann von Hercules And Love Affair homophob beleidigte und attackierte.

Aber wen interessieren noch solche Schönheitsfehler in einer Zeit, in der Festivalbands nur noch unter massentauglichen Warenaspekten bemessen werden. Oder um noch einmal Deichkind zu Wort kommen zu lassen: „Manch einer würde jetzt vielleicht behaupten / Dass man als Mensch diese Art von Entertainment auch mal braucht / Bei nüchterner Betrachtung stellt sich dieser Sachverhalt / Vielleicht als nicht ganz so wahrheitsgemäß heraus.“

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