zum Hauptinhalt
Trotz widriger Umstände. Mitglieder des Bundesjugendorchester führen Beethoven auf.

© Kai Bienert

Festival für junge Klassik: Das Young Euro Classic Festival widmet sich Beethoven

Nachwuchstalente von der UdK und vom Bundesjugendorchester spielen bei Young Euro Classic Kammermusikstücke von Beethoven.

Zufall oder Absicht? Acht abendliche Konzerte hat es bei Young Euro Classic bereits gegeben, mit Jazz, mit Musik aus Griechenland und von Béla Bartók, Fanny Hensel, Franz Schubert, Clara Schumann oder Johann Sebastian Bach.

Nur von einem war noch gar nichts zu hören – und das ausgerechnet im Jubiläumsjahr: Ludwig van Beethoven. Weil es thematisch zuvor nicht gepasst hat? Weil er sowieso überpräsent ist, nicht nur 2020, sondern immer? Weil man sich den so Prominenten (fast) für den Schluss aufsparen wollte?

Was auch immer: Am Sonntag kam Beethoven endlich zu seinem Auftritt, mit zwei Kammermusikstücken. Auch dies ist ja Folge der seltsamen Corona-Zeit: dass nicht die elefantösen Symphonien auf den Pulten liegen, sondern kleinere Werke. Sie geben uns die Chance zu realisieren, wie wenig wir im Grunde selbst einen wie Beethoven kennen.

Zumindest gilt das fürs erste Stück, ein Terzett für Klavier, Flöte und Fagott aus den Jahren 1786 bis 1790, ein Jugendwerk also: Der Komponist war noch keine 20, lebte noch in Bonn. Erwartbar und doch immer wieder verblüffend, wie von dem späteren Klischee-Beethoven – dem „Verflüssiger“ musikalischer Energien, dem trotzigen Tonhelden, der dem Schicksal unerschrocken die Stirn bietet – in diesen frühen Stücken noch nichts zu hören ist; viele Formeln, Wendungen und Kadenzen zeigen noch eine deutliche Nähe zu den Konventionen der Mozartzeit, in der sie ja auch geschrieben wurden.

Beethoven war einer der ersten, der seinen Arbeiten eigene Opuszahlen verlieh. Dieses Terzett erschien ihm offenbar nicht würdig genug, weshalb es als WoO (Werk ohne Opuszahl) 37 geführt wird.

Große Dankbarkeit und Sorge zugleich

Dabei sind die drei Stimmen durchaus anspruchsvoll gearbeitet, und Yoonji Kim (Klavier), Carlotta Brendel (Fagott) und Ronja Macholdt (Flöte) von der Berliner UdK wissen sie souverän anzugehen, haben allerdings Probleme bei der Balance: Das dominante Klavier drängt vor allem das Fagott immer wieder an den Rand. Die Flöte kann sich besser behaupten, zaubert famose Girlanden in der zweiten Variation des Finalsatzes, bevor Carlotta Brendel dann doch noch die Chance bekommt, mit ihrem Fagott in der Moll-Variation zu glänzen.

Jeder Hörer, jede Hörerin kommt jetzt nach und nach in die Situation, erstmals seit März wieder live gespielte Musik zu hören – und über die abstandsregelkonforme Leere im Konzerthaus, die quasi vollständige Abwesenheit von Festivalstimmung, leise erschüttert zu sein.

Große Dankbarkeit, dass diese Konzerte überhaupt möglich sind, und zugleich die Sorge: Wie lange geht das so weiter, wann wird das neue Normal wieder unnormal, was heißt das für die Zukunft der großen Symphonik?

Das große Finale des Festivals kommt noch

Für Beethovens Septett op. 20 sind dann immerhin, logisch, sieben Musikerinnen und Musiker, alle vom Bundesjugendorchester, auf dem Podium. Anders als beim Terzett ist der impulsive Beethoven, wie man ihn kennt, in diesem neun Jahre später entstandenen Stück schon nach wenigen Augenblicken („con brio“!) ganz da – kein Zufall, dass es am 2. April 1800 gemeinsam mit der 1. Symphonie uraufgeführt wurde.

Dass trotz der krassen Distanzen zwischen den Ausführenden nichts zerfällt, dass sie die entscheidenden Millisekunden beieinander sind, ist auch Verdienst von Johann Stötzer (Geige), der mit saftigem Strich führt.

Nur im finalen Presto ereignet sich ein unerklärlicher Spannungsabfall. Plötzlich hat man das Gefühl, dass niemand mehr weiß, wo es hingehen soll, der Ausdruck leidet. Immerhin, das große Finale von Young Euro Classic kommt erst noch: Am Montagabend, mit der 1. Symphonie – von Ludwig van Beethoven.

Zur Startseite