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Vor der Rückkehr? René Pollesch in seligen Volksbühnentagen.

© Spiekermann-Klaas

Favorit von Klaus Lederer: Wird René Pollesch Intendant der Volksbühne?

Volksbühne und Staatsoper: Berlins Kultursenator Klaus Lederer zögert mit wichtigen Entscheidungen. Doch sein Favorit für die Theaterleitung ist gefunden.

Er lässt sich viel Zeit. Klaus Lederer hat immer noch nicht entschieden, wie es an der Berliner Staatsoper weitergehen soll. Verlängert er den Vertrag mit Daniel Barenboim bis zu dessen 85. Lebensjahr, so wie der Generalmusikdirektor es sich wünscht, oder soll künftig eine jüngere Person Unter den Linden den Ton angeben? Für den Kultursenator ist es eine heikle Situation, denn niemand will den verdienten und verehrten Maestro Barenboim vor der Kopf stoßen.

Neben der Staatsoper pressiert es an der Volksbühne. Nach dem Dercon-Debakel bringt Intendant Klaus Dörr den Riesenladen wieder auf Kurs. Ab 2021 aber soll es dann eine neue Theaterleitung am Rosa-Luxemburg-Platz geben. Groß und signifikant soll es werden, in der ideellen Nachfolge von Frank Castorf. Und da ist Klaus Lederer jetzt auf René Pollesch gekommen. Der 56-Jährige hat seit 2001 an der Volksbühne gearbeitet, er war einer der führenden Regisseure der Castorf-Ära.

Inzwischen inszeniert Pollesch am Deutschen Theater in Berlin, die Volksbühne wollte er nach Castorfs Abgang nicht mehr betreten. Chris Dercon wiederum soll ihm den Posten eines Schauspieldirektors angeboten haben. Pollesch lehnte ab. Kann er nun die Volksbühne retten? Sicher nicht. Denn das hat bereits Klaus Dörr getan.

Über andere Kandidaten hört man nichts mehr

Bis zur Sommerpause will sich Lederer erklären. Wenn es etwas zu melden gibt. Es bleiben also jede Menge Fragen. Pollesch hat den Vorzug, dass er die Volksbühne bespielen kann. Viele Regisseure schaffen das nicht. Pollesch sind große Abende mit kleinem Personal in dem Riesenhaus gelungen. Er bringt die Schauspieler nach vorn mit seiner Mischung aus Boulevard und Diskurs. Aber er war nie Intendant. Er hat, worauf es doch ankommt, keine Erfahrung im Management eines so großen Betriebs. Und es sieht nicht so aus, als würden sich Pollesch und der Verwaltungsprofi Dörr vertragen.

Über andere Kandidaten hört man nichts mehr. Pollesch also. Ihm sollen Volksbühnen-Veteranen wie Sophie Rois und Martin Wuttke an die Seite gestellt werden, in einer Art erweiterter künstlerischer Leitung. Rois und Wuttke sind herausragende Schauspieler, exzellente Protagonisten bei Castorf, Pollesch oder – jüngst beim Theatertreffen zu erleben – bei Simon Stone, in dessen „Hotel Strindberg“ Martin Wuttke brillierte, zusammen mit Caroline Peters; auch sie hat viel mit Pollesch gearbeitet.

Bis auf Martin Wuttke, der nach Heiner Müllers Tod vorübergehend das Berliner Ensemble leitete, fehlt es den dreien an Praxis. Es wäre mit René Pollesch auch kein Neuanfang, sofern das an der Volksbühne überhaupt möglich ist. Am Theater haben sich Leitungsgruppen selten bewährt. Es würde so das Räuberrad der Zeit zurückgedreht. Und Klaus Dörr und sein Team müssten die nächsten zwei Jahre schon wieder auf Abbruch arbeiten.

Ein viel beschäftigter Regisseur und Autor

Bei den Wiener Festwochen hat René Pollesch an diesem Freitag mit seinem neuen Stück „Deponie Highfield“ Premiere. Es spielt ein Volksbühnen-Ensemble mit Kathrin Angerer, Birgit Minichmayr, Caroline Peters, Irina Sulaver und Martin Wuttke. Pollesch ist ein viel beschäftigter Regisseur und Autor, er kann überall arbeiten. Das Entscheidende ist, was er selbst als Künstler mit der Volksbühne gewinnen – und was er ihr noch geben würde.

Klaus Lederer hat, wenn die Koalition hält und er im Amt bleibt, in den kommenden ein bis zwei Jahren jede Menge großer Personalien zu regeln. Vom Deutschen Theater zum Gorki, vom BE zum Hebbel am Ufer sind Verträge zu verlängern oder neue Kräfte zu engagieren. An der Schaubühne feiert Thomas Ostermeier sein 20-jähriges Jubiläum. Berlins Theaterlandschaft steht vor einer Neuordnung.

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