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Archäologe Robert Kuhn bei einer Ausgrabung.

© privat

„Fälscher, Schmuggler, Plünderer“: Ein Berliner Archäologe will Handel mit Kulturraub verhindern - mit einem Brettspiel

Robert Kuhn klärt Kulturraubfälle auf. Jeder Fall sei ein einziger Krimi, sagt er.

Wenn Robert Kuhn über sein Fachgebiet, spricht, blitzt die Begeisterung in seinen Augen auf. Der Berliner Archäologe mit dem Schwerpunkt auf Ägyptologie erzählt im Videogespräch von seinen Ausgrabungen. Wie sorgfältig er mit dem, was er vorfindet, umgehen muss. Wie aufgeregt er ist, wenn er als allererster ein jahrhunderte- oder jahrtausendelang verschlossenes, ägyptisches Grab öffnet. Das sei auf eine Art etwas sehr Persönliches und Berührendes, sagt Kuhn.

Doch dann gibt es auch die bitteren Momente. Die, wenn Kuhn mit seinem Team am Ausgrabungsort ein schwarzes Loch im Boden vorfindet, das so groß ist, dass man es auf Google Maps erkennen könnte. Dann weiß er: Was er dort unter der Erde noch vorfinden mag, wird für ihn und seine Forschung wertlos sein.

Plünderer waren vor ihm da, haben die wertvollsten Grabbeigaben, vielleicht sogar den Sarkophag oder die Mumie mitgenommen. Vermutlich wird all das schon auf dem internationalen Kunstmarkt gehandelt. Mit gefälschten Urkunden, die seine Herkunft verschleiern sollen.

Deshalb will der Archäologe zusammen mit dem Team des interdisziplinären Forschungsprojekts „Saving Antiquities“ über Kultur- und Kunstraub aufklären. Er will bewirken, dass jeder Einzelne im Urlaub kritisch über Kunstmärkte läuft und erwägt, dass die schöne Keramikvase vielleicht aus einer Raubgrabung stammen könnte.

Denn das größte Problem in dem komplexen Gefüge sei, dass es in westlichen Ländern eine große Nachfrage nach Kunstschätzen gäbe, manche sie sogar als Geldanlage nutzen.

Ein Brettspiel soll Kulturgutschutz aus der akademischen Blase herausbefördern

Um aufzuklären, hat Kuhn zusammen mit Ideengeberin Henrike Simon von der Humboldt-Universität das Brettspiel „Taskforce Saving Antiquities“ entwickelt. Eigentlich wollte Simon ein Computerspiel entwerfen, doch das war zu aufwendig. Also wurde es eine analoge Variante – das klingt etwas staubig, „oldschool“, ähnlich wie die Archäologie, könnte man meinen. Kuhn schmunzelt. Eigentlich sei das ganz passend.

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Dennoch glauben Simon und er, das Spiel sei spannend genug konzipiert, um Jugendliche wie Erwachsene für das sperrig klingende Thema Kulturgutschutz zu begeistern. Bei dem Gedanken, damit sein Thema aus der wissenschaftlichen Blase hinauszubefördern, war Kuhn ganz „thrilled“, wie er sagt.

Das Brettspiel, mit dem Kuhn und Simon auf Kulturgutschutz aufmerksam machen wollen.
Das Brettspiel, mit dem Kuhn und Simon auf Kulturgutschutz aufmerksam machen wollen.

© Saving Antiquities

Das Spiel funktioniert so: Die bis zu neun Spielenden haben den Auftrag, Kulturschätze zu retten. Der Zoll hat eine sonderbare Statue beschlagnahmt, deren Herkunft unbekannt ist. Stammt sie aus einer Raubgrabung? Wer fälschte die Papiere? Bei dem Rätsel steht die „Taskforce Saving Antiquities“ den Spielenden mit Archäologen, Juristen, Hackern oder Kuratoren helfend zur Seite. Ihre Tipps und Hinweise sind auf Spielkarten gedruckt, die gezogen werden können.

Doch die Strafkarten stellen den Spielenden Steine in den Weg: Zum Beispiel ist die Universität wegen eines Wasserschadens blockiert, oder der Anwalt ist krank und steht nicht zur Verfügung. Je mehr Strafkarten man zieht, desto weniger Zeit hat man – und verliert vielleicht das Spiel.

Ein Teil des Teams von "Saving Antiquities", links Johannes Knop, in der Mitte Henrike Simon, rechts Robert Kuhn.
Ein Teil des Teams von "Saving Antiquities", links Johannes Knop, in der Mitte Henrike Simon, rechts Robert Kuhn.

© Saving Antiquities

Oft gehe einem im echten Forscherleben auch die Zeit aus, erklärt Kuhn. Etwa, weil Gesetzesfristen ablaufen und die Provenienz eines Objekts bis dahin nicht abschließend geklärt werden konnte.

Die Fälle, die es im Spiel zu lösen gilt, sind angelehnt an reale Fälle, die Kuhn und seinen Kolleg:innen bereits begegnet sind. Über die meisten dürfe er gar nicht sprechen, weil die Ermittlungen der Justizbehörden noch liefen. Bis die Herkunft eines Objektes abschließend geklärt ist, können Jahre vergehen. Und in der Zwischenzeit plündern Kunsträuber immer weiter.

Im Januar soll es das Brettspiel „Taskforce Saving Antiquities“ auch auf Englisch geben. Das Spiel steht auf der Website von Saving Antiquities zum Download zur Verfügung.

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