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Ex-FBI-Chef James Comey und US-Präsident Trump liefern sich eine öffentliche Schlammschlacht.

© NICHOLAS KAMM/dpa

Ex-FBI-Chef James Comey über Trump: "Ein Mann ohne Moral"

Die Autobiografie des gefeuerten FBI-Chefs Comey urteilt vernichtend über Donald Trump. Ein Vorwurf: Der US-Präsident agiert wie ein Mafia-Boss.

Ex-FBI-Direktor James Comey kennt sich mit Abrechnungen in Schriftform aus. Er diente noch als stellvertretender Justizminister unter Präsident George W. Bush, als er ein Schreiben erhielt: Es war die Rechtsauffassung des Weißen Hauses über ein illegales Abhörprogramm der US-Regierung. James Comey reagierte damals impulsiv, sein Gerechtigkeitsempfinden war gestört: „Das Memo war ein großer gereckter Mittelfinger“, erinnert er sich nun in seiner Autobiografie. „Es fehlte nicht viel, und wir hätten auch noch zu lesen bekommen, dass unsere Mütter Huren seien.“

Vierzehn Jahre später hat Comey, um im Bild zu bleiben, seinen eigenen ausgestreckten Mittelfinger zu Papier gebracht. In dem Buch „Größer als das Amt“, das am morgigen Dienstag erscheint, richtet James Comey über jenen Mann, der ihn selbst als „verlogenen Schleimball“ bezeichnet hat: US-Präsident Donald Trump.

Er lässt kein gutes Haar am derzeitigen Chef des Weißen Hauses. Der sei „ein Mann ohne Moral“ und agiere „ohne jede Bindung an die Wahrheit und die Werte unserer Demokratie“, schreibt der Ex-FBI-Direktor. Immer wieder kommt Comey auf einen Vergleich zurück, der den Präsidenten in einem noch düstereren Licht erscheinen lässt: Trump agiere wie ein Mafiaboss.

Schon beim ersten Treffen mit Trump hat er ein ungutes Gefühl

Dass der Präsident in dem Buch nicht gut wegkommen würde, war zu erwarten. Schließlich war James Comey vor ungefähr einem Jahr als FBI-Chef gefeuert worden. Der Geschasste trat kurz darauf vor einem Kongressausschuss auf und erhob schwere Vorwürfe gegen den Präsidenten. Der habe ihn aus dem Amt gejagt, um die Ermittlungen des FBI in der Russland-Affäre zu blockieren, legte Comey damals nah.

Es ist Herbst 2016. Bereits bei seinem ersten Zusammentreffen mit Donald Trump beschleicht den damaligen FBI-Direktor ein komisches Gefühl. Gemeinsam mit den anderen Chefs der amerikanischen Sicherheitsbehörden unterrichtet er den künftigen Präsidenten über Erkenntnisse hinsichtlich einer russischen Einmischung im Wahlkampf. Doch Trump und sein Team sind an den Erkenntnissen kaum interessiert. Stattdessen beraten sie über eine Kommunikationsstrategie, um möglichst gut in der Öffentlichkeit dazustehen.

Im Anschluss muss Comey den neuen Präsidenten auch noch über den Inhalt des sogenannten Steele-Dossiers aufklären – die Materialsammlung eines ehemaligen britischen Geheimdienstmitarbeiters. In dem Dossier wird unter anderem beschrieben, dass Trump bei einer Moskau-Reise Prostituierte dafür bezahlt haben soll, auf ein Bett zu urinieren, in dem Barack Obama einmal übernachtet hatte.

Trump reagiert irritiert – allerdings vor allem aufgrund eines eher nebensächliches Details: „Wieder stritt er sämtliche Anschuldigungen ab und fragte mich – vermutlich eine rhetorische Frage –, ob ich ihn für einen Typen halte, der die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen müsse“, schreibt Comey. Dann aber habe der künftige Präsident angefangen aufzuzählen, von welchen Frauen er schon wegen sexuellen Belästigung beschuldigt worden sei.

Kein guter Start. Und danach geht es weiter abwärts. Immer wieder fordert Trump bei den Treffen Loyalität von Comey, was diesen erneut an Mafiamethoden erinnert. Schließlich, so schreibt der Ex-FBI-Direktor, legt Trump ihm nahe, seine Behörde solle die Ermittlungen gegen Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn einstellen. Flynn hatte das FBI über Kontakte zu Russland belogen – eine Straftat. James Comey weigert sich. Es kommt zum Zerwürfnis.

Das alles ist nicht ganz neu. Schon in seiner Aussage vor dem Kongress hatte Comey diese Version der Ereignisse vorgetragen. In seinem Buch beschreibt er sie jedoch deutlich ausführlicher als bei seiner Vernehmung. Allerdings schreckt Comey davor zurück, Donald Trump einer Straftat zu bezichtigen. Ob seine Entlassung tatsächlich der Versuch war, die Justiz zu behindern, könne er nicht mit Sicherheit sagen. „Denkbar ist es“, schreibt er. Auch gebe es Indizien, die dafür sprächen. Er sei in diesem Fall jedoch „nicht der Staatsanwalt, sondern Zeuge“. Also vertraue er darauf, dass Sonderermittler Robert Mueller die Wahrheit herausfinden werde.

Eigentlich sollte Comeys Buch keine reine Abrechnung mit Trump werden. Ursprünglich war ein Band über Führung angekündigt und eine Autobiografie, die von Comeys Weg bis ins Chefbüro des J.-Edgar-Hoover-Gebäudes an der Pennsylvania Avenue handeln sollte, nur wenige Blocks vom Kapitol entfernt.

Die Art, wie Comey zurückschlägt, ist nicht immer stilvoll

Tatsächlich taucht der Name Trump lediglich auf 83 der 384 Seiten auf. Trotzdem geht es im ganzen Buch vor allem um den Präsidenten. Wenn Comey über die Bullys seiner Jugend schreibt, seine Arbeit als junger Bezirksstaatsanwalt in Mafiafällen oder über seine Auseinandersetzungen mit anderen politischen Amtsträgern, dann schwingt immer auch der Vergleich zu Trump mit. Wie gingen Bush und Obama mit Widersprüchen um? Wer außer Trump fordert noch unbedingte Loyalität? Und wer ist der mächtigste Schulhofschläger von allen?

Comey, das zeigt sein Buch, ist gekränkt und verletzt. Deshalb schlägt er nun zurück. Und das nicht immer stilvoll. „Sein Anzugjackett war offen, die Krawatte zu lang, wie üblich. Sein Gesicht hatte einen leicht orangefarbenen Teint mit hellen Halbmonden unter den Augen“, beschreibt er seinen Eindruck, als er Trump das erste Mal persönlich trifft.

„Wie lange er wohl morgens braucht, bis er seine Haare hindrapiert hat?“, sinniert Comey weiter. Dann stellt er fest, dass die Hand des Präsidenten „kleiner war als meine“. Der Handvergleich war schon im Vorwahlkampf 2016 ein beliebtes Mittel, um Trump zu blamieren. Um die Länge seiner Finger ging es dabei schon damals nicht.

James Comey: „Größer als das Amt. Auf der Suche nach der Wahrheit – Der Ex-FBI-Direktor klagt an“, Droemer Knaur Verlag, 284 Seiten, 19,99 €.

Julian Heissler

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