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Zwiesprache. Solist und Konzertmeisterin bei der Zugabe.

© Mutesouvenir/Kai Bienert

European Union Youth Orchestra zu Gast: Heimat ist ein ferner Klang

Das European Union Youth Orchestra vereint alle 28 EU-Staaten. Bei Young Euro Classic begeistert es im Konzerthaus.

Dieses Orchester hat den Klang und die Ausstrahlung von Young Euro Classic geprägt wie kein zweites. Seit der Festivalgründung schaut das European Union Youth Orchestra vorbei, immer mit anspruchsvollen Programmen und voller Hingabe. Die Mitglieder stammen aus allen 28 EU-Staaten, allein das ist schon ein Kunststück. Auf den Pulten liegen diesmal zwei Werke von gebürtigen Böhmen, die später auch in Amerika arbeiteten. Zwischen dem Cellokonzert von Dvorak und der Fünften von Mahler liegen nur gut fünf Jahre und dennoch Welten. Während sich Dvorak wehmütig und ungeduldig nach der zurückgelassenen Heimat sehnt, ist sie bei Mahler entschwunden, nur noch als Sehnsuchtsort vorhanden und eigentlich nicht mehr wirklich von dieser Welt.

Unter Leitung seines beherzten Chefdirigenten Vasily Petrenko (nicht verwandt mit Kirill Petrenko) tasten die Musikerinnen und Musiker des European Union Youth Orchestra bei Dvorak nach einem Heimatklang, der frei von Sentimentalität ist. In ihrer Mitte hat mit Nicolas Altstaedt ein kommunikativer Cellist Platz genommen, dem Wohlklang nicht über alles geht. Dennoch bleibt der Eindruck, dass die gemeinsame Recherche aller Aufmerksamkeit zum Trotz nicht ins Freie kommt und Böhmen diesmal doch nicht am Meer liegt. Altstaedt aber bleibt ganz nah dran am Orchester und spielt seine Zugaben im Duett, mit der Solocellistin und der Konzertmeisterin. Da geht die Reise definitiv hin.

Bewundernswert, mit welcher Ausdauer und Kraft sich das European Union Youth Orchestra nach der Pause in Mahlers Fünfte wirft. Die Strenge der marschartigen Eingangssätze, die Zuspitzung, das Auftürmen und Abtragen von Höhepunkten – all das entzündet musikalischen Furor. Petrenko kostet die überbordende Palette des Werkes mit Leidenschaft aus. Selten ist die große Trommel derart ungebremst archaisch in die Fünfte gedonnert, aber auch die Feinheiten klingen frisch gefunden und ausgelotet. Das oft als überästhetisierter Tränensatz interpretierte Adagietto atmet zarte Transparenz und steigert sich durch alle Streichernuancen zu einer herrlich herben Brandung. Die finalen Jubeldurchbrüche reißen das Publikum unmittelbar von den Sitzen. Das Orchester spielt nach dem ersten Applaus im Stehen weiter, etwas Wildes, das nach künstlerischer Heimat klingt.

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