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Stimmen der Natur. Cécile de France als Schamanin-Schülerin Corine.

© Haut et Court/Scope Pictures.

Ethno ohne Kitsch: "Eine größere Welt" im Kino: Schlage die Trommel und fürchte dich nicht

Eine Französin wird Schamanin in der Mongolei: das sinnliche Drama „Eine größere Welt“ mit Cécile de France

Holz hacken, Rentiere melken, Wasser holen. Die Ausbildung zur Schamanin hat sich Corine (Cécile de France) aufregender vorgestellt. Immerhin ist sie gegen den Widerstand ihrer Familie Tausende Kilometer von Frankreich in die Mongolei gereist.

Nur um sich von der spirituellen Lehrerin Oyun (Tserendarizav Dashnyam) sagen zu lassen, dass nur die Geister wissen, wann ihre Lehrzeit beginnt. Der im Einklang mit der Natur gelebte spartanische Hirtenalltag der Tsaatan ist für eine Westeuropäerin eine einzige Übung in Demut und Geduld.

Corine fällt tobend in Trance

Beim ersten Mal ist Corine zu den Nomaden an der sibirischen Grenze gereist, um ethnografische Tonaufnahmen von rituellen Gebeten und Gesängen zu sammeln. Und vor allem um die Trauer um ihren verstorbenen Mann Paul zu überwinden, die wie ein Schatten auf den seelenvollen Zügen von Cécile de France liegt.

Als die greise Schamanin Oyun bei einer Zeremonie die Trommel schlägt, passiert es: Corine fällt zuckend, tobend und schreiend in Trance. Sie halluziniert einen Lichtspalt.

Womöglich eine Tür in eine andere Welt? Ein Weg, um Paul wiederzusehen? Das Rüstzeug, die Bewusstseinsschwelle zu überschreiten, bringt Oyun ihr bei, als Corine – wie von der weisen Alten als Schicksal prophezeit – in die Steppe zurückkehrt.

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[In den Kinos Bundesplatz, Delphi Lux, FT am Friedrichshain, Passage, Union, Yorck, Moviemento (auch OmU)]

Fabienne Berthauds Drama „Eine größere Welt“ klingt nach einer krassen Überdosis Hokuspokus und Ethnokitsch, erzählt jedoch eine wahre Geschichte. Die wirkliche Corine Sombrun arbeitet nach dem Erlernen schamanischer Techniken seit 2006 mit Neurowissenschaftlern an Gehirnstudien zu „Kognitiver Trance“.

Sie und hat diverse Bücher über ihre Erfahrungen mit der Kultur indigener Völker geschrieben. Beim Abspann sind Fotos von ihr und jener Tsaatan-Familie zu sehen, die die Französin aufnahm.

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Trotzdem arbeitet die Regisseurin nicht einfach eine Biografie ab, sondern schafft eine atmosphärisch dichte Verbindung zwischen dem Trauma existenzieller Trauer und der Spiritualität der Naturvölker. Und das in einer Bildsprache, die sich weder an der Ursprünglichkeit der Landschaft, noch dem exotischen Reiz der Trachten delektiert.

Die per Trommeltanz in der dunklen Jurte herbeigeführte Trance funktioniert als monochromer, sinnlicher Bilderstrom (Kamera: Nathalie Durand). Packender gerät jedoch die spröde, mit mehr Intuition als Sprache auskommende Annäherung zwischen der schönen Französin und ihrer wettergegerbten Meisterin.

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