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John Boyega lassen rassistische Kommentare heute kalt. Gerade hat der 27-Jährige eine Produktionsfirma gegründet.

© Mario Anzuoni/Reuters

Erster schwarzer Stormtrooper bei „Star Wars“: „Rassisten sage ich: Gewöhnt euch dran!“

John Boyega sorgte mit seinem Auftritt als Stormtrooper in „Star Wars“ für Aufsehen. Im Interview spricht er über Hass im Netz und seine erste Actionfigur.

Von Andreas Busche

John Boyega, 1992 in London geboren, hatte seine erste große Rolle mit 19 Jahren in der Science-Fiction-Komödie „Attack the Block“. Sein Durchbruch gelang ihm 2015 als schwarzer Stormtrooper Finn in „Star Wars: Das Erwachen der Macht“. Seine Besetzung löste in den sozialen Medien einen Sturm der Entrüstung aus. Inzwischen gehört Boyega neben Daisy Ridley, Adam Driver und Kelly Marie Tran zu den etablierten Gesichtern der neuen Star-Wars-Generation.

Herausragende Kritiken erhielt er für seine Rolle als Polizist zwischen den Fronten im Rassismusdrama „Detroit“ von 2017. Mit dem Sequel „Pacific Rim 2“ (2018) gründete Boyega seine eigene Produktionsfirma UpperRoom Entertainment. Boyegas Eltern sind Einwanderer aus Nigeria, sein Vater ist Pastor.

Mr. Boyega, die Szene, in der Sie in „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ ihren Helm abnehmen, gilt als einer der ikonischsten Kinomomente der letzten Jahre. Einige „Star Wars“-Fans lösten in den sozialen Medien einen Shitstorm aus. Ihnen passte ein schwarzer Stormtrooper nicht ins Weltbild. War Ihnen damals bewusst, was diese Szene bedeuten würde?
Zuerst dachte ich nur daran, was dieser Auftritt für mich persönlich bedeutet. Dann nahm Regisseur J. J. Abrams mich während der Dreharbeiten beiseite und zeigte mir den ersten Trailer. Ich war baff, ich fühlte mich als Teil von etwas viel Größerem. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie die Öffentlichkeit reagieren würde.

Das war 2015. Haben Sie damals mit diesem Hass gerechnet?
Es wurde mir erst klar, als ich die ersten Kommentare im Netz las. Mir waren die Reaktionen von Fans, die wie ich selbst sehr lange auf einen neuen „Star Wars“ gewartet hatten, wichtiger. Die Leute müssen sich daran einfach gewöhnen. Kurz darauf kam „Black Panther“ raus und noch so viele andere Filme mit schwarzen Stars.

Sie posteten damals auf Twitter: „Gewöhnt euch dran!“
Und das war nicht mal unfreundlich gemeint. Es war ein therapeutisches „Gewöhnt euch dran!“. Schwarze Schauspieler sind heute in allen möglichen Blockbustern zu sehen, es ist nicht mehr aufzuhalten. Wir alle wollen repräsentiert werden. Und ich kann nur hoffen, dass niemand dieses Momentum verpasst.

Im Zuges des zweiten Teils musste ihre Kollegin Kelly Marie Tran ähnliche rassistische Beschimpfungen im Netz über sich ergehen lassen. Haben Sie darüber gesprochen?
Ich habe ihr gesagt, dass sie diese Reaktionen als Teil eines Entwicklungsprozesses begreifen muss, die Menschen mit unserer Biografie und Herkunft leider durchlaufen müssen. Es ist eine harte Schule, aber Kelly ist auch hart im Nehmen. Heute kann sie das abschütteln. So habe ich es damals auch gemacht.

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[„Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers“, der letzte Teil der Abschlusstrilogie, startet am 18. Dezember weltweit in den Kinos.]

Was bedeutet es für Sie persönlich, ein Teil dieses Popkultur-Meilensteins zu sein?
Die Diversität in einem Film dieser Größenordnung ist etwas ganz Besonderes. „Star Wars“ ist schließlich eine Zukunftsvision, nicht eine Geschichte aus einem London des 18. Jahrhunderts. Es ist eine Mission.

Donald Glover, der in „Solo: A Star Wars Story“ den jungen Lando Calrissian spielt, sagt in Interviews, dass die Figur in seiner Jugend für ihn ein wichtiger Bezugspunkt war. Lando war einer der wenigen Popkulturhelden, mit dem man sich als junger Afroamerikaner identifizieren konnte. Mit wem sind Sie aufgewachsen?
Ich habe darüber als Kind nie nachgedacht. Die Frage, wer mich im Fernsehen repräsentiert, hat sich ohnehin nicht gestellt, weil wir so arm waren, dass wir uns nicht mal Kabelfernsehen leisten konnten.

Wir haben draußen gespielt. Ich bin mir dessen erst heute bewusst, weil wir in einer Welt leben, in der wir mit den Auswirkungen solcher Fragen fast täglich konfrontiert sind. Die Helden meiner Kindheit sind Typen aus meinem Block, von denen garantiert nie jemand gehört hat.

Mein erster Kontakt mit „Star Wars“ kam auch nicht durch das Kino. Ich habe als Junge eine Actionfigur von Darth Maul geschenkt bekommen. Ich bin in meiner Kindheit nur von Dingen geprägt worden, die umsonst waren. (lacht) Und es war eine glückliche Kindheit.

Sie waren bisher nur in wenigen Filmen zu sehen, aber Sie scheinen Ihre Rollen sehr gezielt zu wählen. Kathryn Bigelows Rassismusdrama „Detroit“, „Star Wars“, Spike Lees Boxfilm „Da Brick“, demnächst spielen Sie in einer Miniserie von Steve McQueen. Arbeiten Sie an einem bestimmten Profil?
Ich habe noch nicht den Luxus, mir meine Rollen auszusuchen. Sie kommen eher zu mir. „Detroit“ war so ein Fall. Ich fand es vor allem aufregend, mit Kathryn Bigelow zu arbeiten. Außerdem war es mir wichtig, eine andere Seite von mir zu zeigen als die, die man aus „Star Wars“ kennt.

Darstellerische Fähigkeiten sind dein wichtigstes Kapital als Schauspieler und an denen muss man ständig arbeiten. So werden ganz unterschiedliche Filmemacher auf einen aufmerksam.

J. J. Abrams entdeckte Sie in der Actionkomödie „Attack the Block“, in dem eine Gruppe Teenager aus einer Londoner Sozialbausiedlung eine Alien-Invasion bekämpft. Das ist ja erst mal eine Klischeerolle. Muss man als junger schwarzer Darsteller besonders aufpassen, nicht in eine Schublade gesteckt zu werden?

Der schwarze Junge aus der Hood ist kein Klischee. Es mag sein, dass die Figur in der Vorstellung bestimmter Menschen klischeebehaftet ist, weil sie die Nuancen nicht lesen können. Und es ist bezeichnend, dass in vielen Filmen gerade diesen Rollen weniger Sorgfalt entgegengebracht wird als weißen Figuren.

Aber darum spiele ich diese Rollen. Ich will andere Geschichten erzählen. Andrew Garfield fragt schließlich auch niemand, warum er immer weiße Mittelklassetypen spielt. Mir geht es um spezifische Geschichten in diesen vermeintlich homogenen Milieus, mit denen ich natürlich am besten vertraut bin.

Ihr Vater ist Pastor. Wie kamen Sie eigentlich zur Schauspielerei?
In der Schule gab es diese sozialen Gruppen, die Sportler, die coolen Kids, die Nerds, die Intellektuellen und die Künstlertypen. Und ich habe ungefähr mit neun gemerkt, dass ich zu letzteren gehören wollte. Es war nie eine Karriereperspektive, eher ein Hobby.

Meine Eltern haben mich darin immer unterstützt. Sie sind radikal in der Art, wie sie ihr Leben führen, neugierig auf andere Kulturen. Darum gingen sie von Nigeria nach London. Ich habe diese Einstellung von ihnen gelernt. Es brauchte nur eine Weile, damit sie verstehen, worauf sie sich mit meinem Weg als Schauspieler einlassen. Es ist ein etwas anderer Prozess als Anwalt zu werden.

Neuerdings produzieren Sie auch.
Ja, ich hab ein paar Sachen am Start, über die ich noch nicht im Detail reden kann. Wir arbeiten unter anderem mit Netflix und der BBC, in einigen Filmen spiele ich mit, andere produziere ich nur.

Angeschlossen an die Produktionsfirma ist ein Label, um das ich mich kümmere. Meine Priorität liegt wie gesagt auf gesellschaftlichen Milieus, die in der Öffentlichkeit eher ignoriert werden. Ich möchte diese Geschichten sichtbar machen, darum habe ich im vergangenen Jahr mit „Pacific Rim 2“ die Firma Upperroom ins Leben gerufen.

Ich finde es spannend, ein Publikum neuen Erfahrungen auszusetzen. Es ist ja nicht zwingend ihre Schuld, dass sie bisher keinen Kontakt mit bestimmten Narrativen hatten. Es hängt auch davon ab, wie wir Medien konsumieren. Und ich kann es kaum erwarten, mehr davon zu sehen.

Im vergangenen Jahr waren Sie an einem Londoner Theater im Westend auch als Woyzeck zu sehen.
Ja, das Stück spielt sogar in Berlin. Ich wollte ursprünglich rüberkommen, um mich auf die Rolle hier vorzubereiten. Das klappte aber nicht, es ging direkt in die Proben. Die englische Adaption hat einen anderen Schwerpunkt, es geht um die Themen Migration, gemischte Ehen und im Prinzip um eine posttraumatische Belastungsstörung.

Sie spielen einen Stormtrooper und einen deutschen Soldaten. Ist dieser Rollentausch Ihr Thema?
Ja, klar. Da ist doch nichts dabei. Es gibt so viele Rollen da draußen. Jeder kann alles spielen, unabhängig von der Hautfarbe.

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