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Nicht klein zu kriegen: Der Glaube an Donald Trump.

© imago images/ZUMA Wire

Er lässt nicht los: Überstehen die USA eine Trump-Kandidatur 2024?

Der Ex-Präsident versucht noch immer, einen Wahlbetrug zu beweisen. Und er bereitet sich auf seine Rückkehr für 2024 vor. Die Kolumne „Spiegelstrich“.

Klaus Brinkbäumer ist Programmdirektor des MDR in Leipzig. Sie erreichen ihn unter Klaus.Brinkbaeumer@extern.tagesspiegel.de oder auf Twitter unter:@Brinkbaeumer.

Dass wir allesamt und für alle Zeiten an den Ort, wo wir gerade noch waren, zurückkommen und beim nächsten Mal ganz gewiss das tun werden, was wir diesmal versäumt haben, das versprechen wir einander zum Abschied. Was sollten wir stattdessen sagen? Die Wahrheit?

Als ich Kind war, glaubte ich tatsächlich, dass alles wiederkehren, nichts jemals enden werde: unerschöpflich die Gelegenheiten. Wenn ich sonntags auf der Wiese mit Frank und Uwe Fußball spielte, daheim im Wohnzimmer um halb drei Apfelkuchen aß und dann weiterspielte, bis die Dunkelheit kam, dann würde der nächste Sonntag genauso sein und alle Sonntage danach.

Wir Erwachsenen wissen: Oh doch, die Dinge verstreichen oder zerbrechen, dann sind sie vorbei. Liebe kann aufhören. Der gestern beste Freund kann heute den Kontakt abbrechen. Ein Arbeitsplatz mag zufrieden machen für einige Jahre, hin und wieder (das ist dann Glück) für Jahrzehnte, aber eine Trennung wird kommen, unsicher ist allein der Zeitpunkt. Sogar das Elternhaus in Hiltrup, das unverwüstlich Heimat war, hat erlebt, was Roger Willemsen den Knacks nannte.

Heute ist sogar dort nichts mehr, wie es gestern war.

Donald Trump kann nicht Loslassen

Vielleicht kommen neue Dinge, vielleicht kommt Leere. Erwachsensein heißt, mehrere Gefühle zugleich zu erleben, das Glück und die Trauer, heißt, all das zugleich auszuhalten, auszubalancieren und natürlich stets weiterzugehen.

Ich wollte mich entwöhnen, wollte entgiften, hatte gedacht, dieser Mann sei nun glücklicherweise gleichfalls Vergangenheit, doch heute, in dieser hundertsten Kolumne, müssen wir mal wieder Donald Trump betrachten; und die USA und Deutschland vergleichen, mal wieder.

Dass Trump die Wahlniederlage vom November 2020 nicht erträgt, wissen wir; da war kein Trauern, Verstehen, Neubeginnen. Neu ist das Ergebnis des von Trumps Republikanern finanzierten Nachzählens in Maricopa County (das ist der wichtigste Wahlbezirk Arizonas): 99 Stimmen zusätzlich für Joe Biden, 261 Stimmen weniger für Donald Trump. Das Gesamtergebnis: 81.268.924 Stimmen für Biden gegenüber 74.216.154 für Trump oder, was entscheidend ist, nach Wahlleuten: 306:232.

Er bereitet den Wahlkampf 2024 mit Wucht vor

Knapp? Nein. Trump macht weiter. Er grölt via Mail, dass der größte Wahlbetrug in der Geschichte Amerikas nunmehr bewiesen sei, was punktgenau das Gegenteil der Wahrheit ist. Er lässt seine Partei in jenen Bundesstaaten, die sie regiert, die Wahlgesetze ändern, um Wählerinnen und Wähler der Demokraten künftig ausschließen zu können.

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Enthüllt wurde, dass Trump am berühmten 6. Januar, ehe seine Anhänger das Kapitol stürmten, von seinem Vizepräsidenten Mike Pence verlangte, das Resultat der Wahl im Kongress zu kippen: Pence könne als „Patriot“ oder als „pussy“ (freundliche Übersetzung: Weichei) in die Geschichte eingehen. Dieser Trump bereitet den Wahlkampf von 2024 inzwischen mit Wucht vor. Werden die Vereinigten Staaten dann noch eine Demokratie sein?

Nun lesen wir, dass Angela Merkel in ihrem letzten Amtsjahr den ersten Anruf des neu gewählten Präsidenten Joe Biden nicht mehr so wichtig fand wie ähnliche Anrufe in den 15 Jahren zuvor. Es war halt Freitag, sie wollte in die Uckermark fahren; ist doch egal, wer zuerst mit wem spricht, Männerkram. Biden rief Boris Johnson an, am Montag telefonierten Merkel und er.

Und wir betrachten die Fotos, Merkel im Vogelpark Marlow, frei und kreischend, denn die Vögel sind überall; Merkels Frisur darf ein Nest sein, und das Volk durfte dies sehen, ehe es wählte.

Das Volk lernt: Loslassen ist möglich.

Klaus Brinkbäumer

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