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Die Computergrafik zeigt den Entwurf der Gestalter Milla & Partner für das in Berlin geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal, über das der Bundestag jetzt erneut entscheidet.

© Milla & Partner/dpa

Einheitsdenkmal und Schlosskreuz: Berliner Symbolkrampf

Berlin steckt voller Geschichte, ist Leben und Denkmal zugleich. Vielleicht ist es deswegen so schwierig, sich auf Symbole in der Hauptstadt zu einigen. Ein Kommentar.

Hier waren keine Römer. Berlin ist nicht so alt wie Köln, Trier oder Paris, aber das macht das Aufstellen von Denkmälern und Schlossfassaden nicht leichter. Auch wenn es wie eine laue Phrase klingt, es bestätigt sich doch immer wieder aufs Neue: Berlin steckt voller Geschichte. Der Boden ist mit Nazis kontaminiert, die SED-Diktatur hat tiefe Spuren hinterlassen, und das preußisch-wilhelminische Erbe ist auch nicht ohne. Nichts jedenfalls, worauf man so ohne Weiteres stolz sein kann.

Beim Humboldt-Forum und Schloss prallen die Geschichtsbilder aufeinander, geht es um Fragen der Religion und der Kunst- und Baugeschichte, um unser Selbstverständnis. Die vorgesehene Errichtung eines goldenen Kuppelkreuzes erzürnt viele, andere halten es für völlig normal. Aber wenn das Symbol des christlichen Glaubens eine Bedeutung hat, dann muss man sie auch erkennen. Dann ist ein Kreuz – ein Kreuz. Und das Humboldt-Forum ein Gotteshaus.

Berliner Kleinmut bringt einen zur Verzweiflung

Der Deutsche Bundestag wird an diesem Donnerstag gewiss die Mittel für das Denkmal der Einheit freigeben. Viele Berliner wollen die Wippe nicht, einige finden sogar, sie kollidiere mit der Schlossfassade. Deshalb müssten die alten Kaiser-Kolonnaden da wieder hin. Am besten findet sich auch ein Kaiser für das Schloss oder ein König, der kann dann seine Untertanen auf der Wippe fröhlich grüßen vom Balkon.

Berliner Kleinmut bringt einen zur Verzweiflung. Beim Museum der Moderne, geplant am Kulturforum, zeigt er sich wieder. Statt einen kräftigen Entwurf zu küren, entschied sich die Jury für eine Art Flachbau. Oberste Maxime war, dass sich dieser Neubau nicht anlegt mit Mies van der Rohes Neuer Nationalgalerie und Scharouns Philharmonie.

Zu viel hat sich zu schnell historisch aufgeschichtet

Müssen ikonische Bauten die Entwicklung und die Gegenwart blockieren? In Berlin schon. Es mag daran liegen, dass hier in Rekordzeit Epochen, Diktaturen und Staatsformen aufeinander gefolgt sind. Dass die Stadt zerstört und geteilt war und die Zerstörung auch nach dem Zweiten Weltkrieg weiterging. Zu viel hat sich zu schnell historisch aufgeschichtet.

Das Einheitsdenkmal war schon zwei Mal beschlossene Sache. Dann wurde es vom Haushaltsausschuss des Bundestags gestoppt. Zwanzig Jahre zieht sich die Diskussion darüber hin. Was nicht schlecht sein muss: Vielleicht haben es manche Zeitgenossen zu eilig damit, das gerade erst Geschehene oder das noch lange nicht zu Ende Geplante in Stein zu meißeln. Dieses hektische Anfangstempo ist ebenso typisch für so viele Projekte in der Stadt wie nachher die elend langen Blockaden und Verzögerungen. Alles in allem ist Berlin Leben und Denkmal zugleich, siehe Volksbühne. Das macht es fast unmöglich, sich in diesem Gemenge auf Symbole zu einigen.

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