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Hagen (Moritz Bleibtreu) beginnt den Bezug zur Realität zu verlieren.

© Warner

Eine wilde Prämisse und spannende Bilder: In „Cortex“ führt Moritz Bleibtreu erstmals Regie

Das Regiedebüt des Schauspielers ist ein filmisches Spiegelkabinett. Es geht um die Macht des Träumens – und die Natur des Kinos.

Der Sicherheitsmann Hagen sitzt ständig vor Monitoren. Auf ihnen sieht er, was in dem Supermarkt passiert, den er überwachen soll. Dumm nur, dass er Tag und Nacht von heftigen Träumen geplagt wird.

Wie sicher kann Hagen da sein, dass das, was er auf den Bildschirmen sieht, Realität ist? So wie Hagen zweifelnd auf die Monitore blickt, schaut das Publikum auf die Leinwand: Gleicht das Kino nicht auch einem Traum?

Der Filmemacher, der seinen „Traum“ mit den Zuschauenden teilt, ist Moritz Bleibtreu. Er spielt in „Cortex“ nicht nur die Hauptrolle, sondern führt zum ersten Mal auch Regie. Die Idee trug er über zehn Jahre mit sich herum, er hat das Drehbuch verfasst und „Cortex“ auch ko-produziert. Der Gedanke, das Publikum in dieses filmische Spiegelkabinett zu führen, scheint es ihm angetan zu haben.

Im Schlaf kehrt Hagen immer wieder zu derselben Person zurück, Niko (Jannis Niewöhner). Dem ergeht es genauso: Er träumt sich ins Hagens Leben hinein. Zum Bindeglied wird Hagens Frau Karoline (Nadja Uhl), die mit Niko eine Affäre beginnt.

Dazu kommt ein Krimiplot, der auf einige Wegmarken reduziert bleibt: Zusammen mit seinem Bruder (Marc Hosemann) hat Niko ein paar Gangstern eine Tasche geklaut, die sie zurück wollen. Dafür schrecken sie auch vor roher Gewalt nicht zurück.

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„Cortex“ gehört zu der Sorte Film, bei der man reflexartig denkt: Bloß nicht zu viel verraten. Dabei bleibt seine Logik derart in sich geschlossen, dass es eigentlich nichts zu enthüllen gibt. Man muss dem Plot erstmal seine wilde Prämisse abnehmen, um dem Ganzen Kohärenz abzuringen.

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Es geht um uralte Vorstellungen von der Macht des Träumens – und nebenbei um die Funktion der Großhirnrinde, Cortex cerebri, die dafür zuständig ist, aus den Eindrücken der Umwelt ein zusammenhängendes Bild zu formen.

In „Cortex“ bekommt sie einiges zu tun. Alles flirrt, spult und springt durcheinander, sodass man Gefahr läuft, den Moment, in dem Hagen und Niko tatsächlich die Körper tauschen, zu verpassen.

Die Stadt als künstlerischer Resonanzraum

Das filmische Delirium gibt Kameramann Thomas W. Kiennast Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen. Der Österreicher hat bereits für „Das finstere Tal“ und „3 Tage in Quiberon“ die Lola gewonnen. In „Cortex“ findet er ungewöhnliche Bilder für den Schauplatz Hamburg.

[In sechs Berliner Kinos]

Die Stadt wird zum künstlerischen Referenzraum: Nebel wallt unter Brücken hindurch, von denen herab Zugsignale klingen, die man aus amerikanischen Filmen kennt. In den Pfützen spiegelt sich der Neonschriftzug eines Diners, wie die hanseatische Variante eines Hopper-Gemäldes.

Die Story überzeugt nicht

Von Beginn an verströmen die Bilder die Ahnung eines nahenden Unheils. Zur Beunruhigung trägt zudem bei, dass die Figuren immer wieder direkt in die Kamera blicken. Wem wenden sie sich zu? Jemanden, der sie im Film „erträumt“? Oder nicht auch den Zuschauern im Kino, die die Blicke der Figuren von der Leinwand erwidern?

„Cortex“ ist am spannendsten, wenn er Fragen nach der Natur der Bilder und des Kinos aufwirft. In den übrigen Strudel der Ereignisse wird man geworfen, ohne emotionalen Halt zu finden. Da bleibt der Film schlicht der lebhafte Traum eines anderen.

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