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Bald soll hier ein grüner Begegnungsort entstehen. Doch momentan wird der Mehringplatz umgebaut.

© Thilo Rückeis

Ein Ort wird zum Trauerspiel: Last Exit Mehringplatz

Der Mehringplatz sollte im 18. Jahrhundert zur Piazza del Popolo Berlins werden. Aber seine Geschichte wurde zum Trauerspiel.

Bevor es besser wird, wird es noch mal richtig schlimm: Inzwischen kann man den Mehringplatz überhaupt nicht mehr auf direktem Weg kreuzen, sondern muss entlang des äußeren Rings laufen oder radeln. Bauzäune versperren den Zugang zum Platz jetzt völlig. Bisher haben sie immerhin eine Gasse frei gehalten. Warum das schlimm ist? Weil es dem Charakter des Platzes als Südausgang der Berliner Innenstadt, als Abschluss der Nord-Süd- Achse Friedrichstraße, Hohn spricht.

Doch die Geschichte des Mehringplatzes ist sowieso ein einziges Trauerspiel. Zerstört, vergessen, verwahrlost: Das ist der Dreiklang, der sein Schicksal in den Nachkriegsjahrzehnten bestimmt hat. Unerträglich der Gedanke, dass dies die Piazza del Popolo Berlins sein könnte. Als solche wurde der Mehringplatz aber entworfen, 1734. Rom als Vorbild für Preußens Städtebau, wie faszinierend – und wie unendlich lange her. Das Barock hatte Sinn für Formen, auch wenn sie keine Funktion hatten. Weil klar war, dass die Funktion später von alleine zuwachsen würde. Drei Plätze entstanden damals, jeder mit seiner eigenen, signifikanten Geometrie: das Karree (Pariser Platz), das Oktogon (Leipziger Platz) und eben das Rondell (Belle-Alliance-Platz, später Mehringplatz). Ein beeindruckender Wille zur großen Erzählung, die heute niemand mehr aus dem Stadtplan herausliest. Hier, am Halleschen Tor, war Berlin mal zu Ende, ergoss sich der Menschenstrom ins Umland und bildete neue Straßen – wie den Mehringdamm.

Vielleicht passiert ja hier das Undenkbare

Die runde Form des Platzes war zugleich sein Todesurteil, weil sie aus der Luft gut zu erkennen war. Nirgendwo luden die alliierten Flieger mehr Bomben ab. Nach 1945 schnitt die nahe Mauer allen Verkehr ab. Die suburbane Ringbebauung entzog den Ort dann dem Gedächtnis der Stadt.

Auch wenn täglich Tausende mit der U1 an ihm vorbeifahren, können sie ihn von der U-Bahn aus nicht sehen – und auch nicht den grandiosen städtebaulichen Canyon, den die Friedrichstraße bildet. Gefühlt zehn Jahre ließ die BVG die Tunneldecke der U6 sanieren, Pfützen und Bauschutt prägen stoisch das Erscheinungsbild des Platzes.

Doch halten wir durch, Rettung naht! Angeblich soll es jetzt tatsächlich losgehen mit dem Umbau, soll ein grüner Begegnungsort entstehen und der Platz seine frühere Rolle – Menschen zusammenzubringen und als städtebauliches Scharnier zu dienen – wieder einnehmen können. Vielleicht passiert ja hier das Undenkbare: dass jemand Bauzäune nicht nur aufstellt, sondern auch wieder abbaut.

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