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Mark Oliver Everett, Frontmann der Eels

© Propeller Music

„Eels“ im Tempodrom: Ohrensausen

Harte Nummer statt Deprirock: Die „Eels“ liefern im Berliner Tempodrom ein komplett anderes Konzert ab als noch auf der letzten Tour.

Von David Ensikat

Man kann sich auflehnen gegen Alter und Schwermut. Eine Sonnenbrille vor die umringten Augen. Hut aufs schütter werdende Haar. Und: Rockmusik, richtig laute Rockmusik. So laut wie damals, als man dachte, das Gehör sei unzerstörbar wie der ganze Rest, und Lärm sei Auflehnung, gegen alles irgendwie.

Nach dem zweiten Lied ahnt jemand auf dem Rang, dass das mit der schmerzhaften Lautstärke auch einfach Quatsch sein kann und brüllt: „It’s too fuckin’ loud!“ Womöglich hat man ihn erhört und runtergeregelt, womöglich wird’s auch nur erträglicher, weil die Eels ab dem dritten Lied endlich Eels-Lieder spielen, davor war es eins von den Who und eins von Prince.

Das ganze Konzert ist, wie sich das für diese Band gehört, ein komplett anderes als das der letzten Tour. Vor drei Jahren war’s melodisch verhaltener Deprirock mit vielen Instrumenten, diesmal die harte Nummer, Schlagzeug, E-Bass, E-Gitarre. Der Chef, Mark Oliver Everett, trägt statt Anzug Jeansjacke und Jeanshose mit dieser merkwürdigen Kette zwischen Vorder- und Arschtasche, die sagen soll: Ich bin einer von den Harten.

Alle Augen sind auf Everett gerichtet

Ist er natürlich nicht, das wissen wir. Er ist einer, der den Härten des Lebens zuweilen mit Sarkasmus und Humor begegnet. Der ganze Act ist ein ironisches Spiel mit den Ingredienzien der Rockkultur, dazu gehört der Ohrenschmerz ebenso wie die Abwandlung manch hübscher Poplieder in metallenen Lärm. Großartig, wie sie den alten Hit „Birds“ krachend beschleunigen. Und umso rührender dann die Wirkung eines zart gebliebenen „That Look you give that guy“.

Everett hat mal gesagt, er wäre so gern ein normaler Bandmusiker, auf den nicht alle Augen gerichtet sind. Im Konzert, wo alle Augen auf ihn gerichtet sind, bewegt er sich so frei und lustig, gibt mal den Rocker, dann den Hampelmann, dass das ebenso eine schüchterne Überkompensation sein kann wie auch das Kalkül eines alten Bühnentiers, das weiß, was geht.

Hoffentlich lehnt es sich noch ganz oft gegen Schwermut und Alter auf. Es war ein großartiger Abend, auch wenn das Gehör ein bisschen mehr als notwendig gealtert ist. Hoffentlich gibt es bald wieder eine Platte, die sich kaum von denen davor unterscheidet und also gut ist, und ein Konzert, wieder ganz anders als das letzte.

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