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Gemeinsam stark. Heinz Holliger (links) und Thomas Zehetmair.

© Karo Krämer

DSO eröffnet Festival Ultraschall: Licht vertreibt die Schatten

Neue Musik erleben: Das Deutsche Symphonie-Orchester eröffnet das 20. Festival „Ultraschall Berlin“ unter der Leitung von Heinz Holliger.

Metier ist ein Lieblingswort des Schweizer Musikers Heinz Holliger. Wie er es mit Bewunderung ausspricht, etwa für den Komponisten Bernd Alois Zimmermann, bedeutet es weit mehr als schlichtes Handwerk. Es hat ein Flair von dieser Ganzheit, die Haydn in seinem Urteil über Mozart „die größte Kompositionswissenschaft“ nennt. Holliger dirigiert das Eröffnungskonzert des 20. Festivals „Ultraschall Berlin“. Wieder strömt zahlreiches Publikum ins Haus des Rundfunks, man kennt sich, man trifft sich, um neue Musik zu erleben. Ein Festival, zwei Sender: Deutschlandfunk Kultur und Kulturradio vom RBB können sich als Veranstalter des regen Zuspruchs freuen.

Ebenso das Deutsche Symphonie-Orchester, das sich seit Jahrzehnten für „Musik der Gegenwart“ engagiert. Im Gespräch mit Moderator Andreas Göbel will Holligers Redefluss viel mehr umfassen als das aktuelle Programm. Dass er Metier besitzt, bekundet auch seine erstaunliche Fertigkeit in elegantem Dirigieren. Denn einen internationalen Namen hat er sich erst als Solo-Oboist gemacht, dann als Komponist und Dirigent.

Durch Holligers Violinkonzert arbeitet sich glänzend Thomas Zehetmair. Es trägt den Untertitel „Hommage à Louis Soutter“. Das ist der Maler, der einst als Geiger im Orchestre de la Suisse Romande saß. Es erklingt eine Erfahrungsmusik der Avantgarde, die mit dumpfer Scordatur der Solovioline endet und Bezug nimmt auf das beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs entstandene Gemälde „Avant le massacre“. Dramatische Schatten tauchen darin auf, Sanglichkeit, Mischungen „entlang Soutters Leben und Malen“, Harfe, mit Bogen gestrichen, Celesta und Marimbaphon. 42 Minuten dauernd, mag das Stück vor 15 Jahren noch elementarischer gewirkt haben als heute.

Fülle von Bewegungsimpulsen

Auch dass Jaques Wildberger das „schwarze Schaf“ der Schweizer Musik gewesen sei, wie Holliger erinnert, ist schwer nachvollziehbar. „Canto“ für Orchester baut auf erworbenes Material und Klangrundung aus Geräusch bis hin zum Gesang der Violen und der Solovioline (Hande Küden).

Bernd Alois Zimmermann wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. In der Praxis lebt nur noch seine Erfolgsoper „Die Soldaten“. Unglücklich als „Ältester unter den jungen Komponisten“ nahm er sich 1970 das Leben. „Photoptosis“ (Lichteinfall), inspiriert von monochromen Farbenflächen Yves Kleins, hinterlässt den stärksten Eindruck des Abends. Das Orchester führt mit Crescendi zu einer umwerfenden Fülle von Bewegungsimpulsen, die plötzlich zum Abbruch kommen. Ein Stille-Effekt tritt ein. Mahnend an Mahlers „Ersterbend“.

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