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Michael Jackson erscheint 2005 zu einem Gerichtstermin in Santa Maria, Kalifornien.

© Mata/epa pool/dpa

Doku "Leaving Neverland": Michael Jackson - strahlender Popstar und angeblicher Pädophiler

In einer Doku beschuldigen zwei Männer Michael Jackson, sie als Kinder jahrelang sexuell missbraucht zu haben. Der Film ist bald auch in Deutschland zu sehen.

Michael Jackson ist einer der größten Popstars aller Zeiten. Sein Sound und sein Tanzstil beeinflussen die Musikwelt bis heute. Doch die Karriere des 2009 verstorbenen Sängers haben jahrelang auch Vorwürfe des Kindesmissbrauchs begleitet. Am Montag strahlte der US-Sender HBO die vierstündige Dokumentation „Leaving Neverland“ aus, in der Wade Robson und James Safechuck detailliert schildern, wie sie als Jungen von Michael Jackson sexuell missbraucht wurden. Jacksons Nachlassverwalter hatte HBO vor der Ausstrahlung auf 100 Millionen Dollar verklagt, seine Familie bestreit sämtliche Vorwürfe und nennt den Film ein „öffentliches Lynchen“. Am 6. April strahlt ProSieben die umstrittene Dokumentation auch in Deutschland aus.

Safechuck und Robson sprechen in der Doku von Zungenküssen, Oralsex und gegenseitigem Masturbieren mit Michael Jackson. Robson war sieben Jahre alt, als der angebliche Missbrauch begann, Safechuck zehn. Jackson habe ihnen vermittelt, dass sie in einer Liebesbeziehung seien, erzählen die Männer. Mit den sexuellen Handlungen würden sie einander zeigen, wie sehr sie sich liebten. In einer eindrücklichen Szene zeigt James Safechuck den Schmuck, den er von Jackson geschenkt bekam. Mit einem der Ringe hätten die beiden eine Hochzeitszeremonie im Hotelzimmer abgehalten, erzählt Safechuck, während er mit zitternden Händen einen Diamantring in die Kamera hält. „Etwas, das ich mochte, wurde gegen mich verwendet“, sagt Safechuck. „Es ist immer noch schwer für mich, mir nicht selbst die Schuld zu geben.“ Dann versucht er, sich das Schmuckstück überzustreifen. Doch der kleine Ring passt nicht über den Finger des Erwachsenen.

Auch die Mütter wurden von Jackson umgarnt

„Leaving Neverland" reiht sich in eine Welle von Missbrauchsvorwürfen gegen Musiker ein. Vor einigen Wochen sorgte die Dokumentation „Surviving R. Kelly“ für Aufsehen, in der mehrere Frauen dem Sänger Missbrauch vorwarfen. Die Staatsanwaltschaft von Chicago erhob inzwischen Anklage gegen Kelly wegen zehn Fällen des sexuellen Missbrauchs, darunter an vier minderjährigen Opfern. Wie bei R. Kelly sind auch die Vorwürfe gegen Jackson keineswegs neu. 1994 einigte sich Jackson außergerichtlich mit der Familie eines Jungen, den er sexuell missbraucht haben soll. Er zahlte der Familie damals 23 Millionen Dollar. 2005 folgte ein öffentliches Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs eines 14-Jährigen. Bei seinem Freispruch durch eine Jury wurden vor dem Gericht zehn weiße Tauben freigelassen. Wie R. Kelly haben auch Michael Jacksons öffentliche Gerichtsverfahren seiner Karriere nie geschadet.

Wie schaffte Jackson es, dass ihm immer wieder kleine Jungen anvertraut wurden? In „Leaving Neverland“ beschreiben die Mütter von Safechuck und Robson, wie sie von Jackson umgarnt wurden, mit Geschenken und Aufenthalten auf der Neverland-Ranch. Sie habe Jackson wie einen Sohn angesehen und nie etwas Böses geahnt, erzählt die Mutter von Safechuck. „Leaving Neverland“ macht deutlich, dass für Stars andere Regeln zu gelten scheinen als für Normalmenschen. In einem Nachrichtenbeitrag, der im Film zu sehen ist, wird beiläufig von Jacksons „9-jährigem Reisekumpanen“ gesprochen. Als wäre es das Normalste der Welt, dass ein erwachsener Mann sich ausschließlich mit Kindern umgibt.

Mehrere Radiosender verbannen Jacksons Songs

Regisseur Dan Reed gibt den Protagonisten seiner Doku viel Zeit zum Erzählen. Auch darüber, wie sich der Missbrauch auf das Leben der Männer und ihre Familien auswirkte. Beide Männer geben an, dass die Geburt ihrer Söhne eine große Rolle dabei spielte, endlich die Wahrheit zu sagen. Bei den Anhörungen von 1993 hatten sie noch für Jackson ausgesagt, Robson verneinte auch 2005 vor Gericht, dass Jackson ihn je missbraucht habe. Jetzt fordern sie Schmerzensgeld von Jacksons Erben. Eindeutig bewiesen werden können die Vorwürfe wohl nicht mehr. Es geht jetzt es vielmehr darum, wie die Welt den Sänger erinnert. Mehrere kanadische Radiosender haben Jacksons Songs in Folge der Doku aus dem Programm verbannt. Der norwegische Rundfunk NRK hingegen ruderte nach der Ankündigung einer Sperrung zurück. „Wir müssen zwischen Kunst und Künstler unterscheiden“, erklärte Rundfunkchef Thor Gjermund Eriksen. Jacksons Fans machen derweil auf Twitter mobil. Unter #MJInnocent beteuern sie die Unschuld ihres Idols und greifen die Ankläger an. Wade Robson gab in einem Interview mit Oprah Winfrey an, Morddrohungen erhalten zu haben.

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Die Dualität von Michael Jackson als strahlender Popstar und als angeblicher Pädophiler ist schwer aufzulösen, auch für die Betroffenen selbst. „Er war einer der nettesten, sanftesten, großzügigsten Menschen, die ich je gekannt habe“, sagt Wade Robson im Film. „Er half mir mit meiner Karriere und Kreativität. Und er hat mich sieben Jahre lang sexuell missbraucht.“

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