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Bad Hair Day. Meryl Streep muss als Hexe auch dringend mal zur Maniküre.

© Disney/dpa

Disney-Musical "Into the Woods": Rutsch mir die Bohne runter

Märchen im Mixer: Rob Marshalls Verfilmung des Musicals „Into the Woods“ ist mit Meryl Streep, Emily Blunt, Johnny Depp und Chris Pine hochkarätig besetzt.

Heieiei, ist das ein Märchen-Mashup. Noch dazu mit Musik. Die hat sich der große Musicalkomponist Stephen „Send in the Clowns“ Sondheim schon Ende der Achtziger ausgedacht. Bei der aktuellen Disney-Verfilmung des Broadway-Erfolgs „Into the Woods“ firmiert er auch als Filmkomponist des Mottos „durchweg beschwingt im mittleren Tempo“, was keine über die Kinovorstellung hinaus im Gedächtnis verweilenden Ohrwürmer zur Folge hat.

Eines jedoch ist überdeutlich: Disney schwelgt in alter Kernkompetenz – Märchen, früher als Animation, heute als Realfilm oder Mix aus beidem wie im Paradebeispiel „Maleficent – Die dunkle Fee“. Gerade ist bei der Berlinale die Kürbiskutsche von „Cinderella“ mit der blonden Lily James vom Schlosshof gerollt (sie fährt am 12. März wieder im Kino vor). Nun ist in „Into the Woods“ einstweilen die stimmlich beschlagene, aber schauspielerisch brave Anna Kendrick als brünettes Aschenputtel zu bewundern. Die Mär von der Rettung des armen Mädchens durch den edlen Prinzen (schön ironisch: Chris Pine) spielt in „Into the Woods“ ebenfalls eine tragende Rolle. Außerdem „Rotkäppchen und der böse Wolf“, „Rapunzel“, „Jack und die Bohnenranke“ und eine magische Rahmengeschichte um ein von einer Hexe (gruselig grotesk: Meryl Streep) verfluchtes Bäckerehepaar, das vertrackte Aufgaben lösen muss, um endlich das ersehnte Kind zu kriegen.

Ein Stich mehr Tim-Burton-Ästhetik täte gut

Den Wald als Schauplatz, Zentrum und metaphorischen Kulminationspunkt zauberischer Umtriebe zu inszenieren, gelingt Musical-Spezialist Rob Marshall („Chicago“) gut. Auch um den Preis, dass der Musikfilm ganz ohne Choreografien auskommen muss. Und obwohl dem Film in der zweiten Hälfte, die durch den Angriff der die Bohnenranke runterrutschenden Riesen verdüstert wird, ein Stich mehr Tim-Burton-Ästhetik guttäte.

Im Wald, da kreuzen sich die Wege, erfüllen und wenden sich Schicksale, finden und verlieren Fabelwesen sich. Der Wald, das ist der große Transformator. Da umgarnt der pädophile Wolf (lüstern: Johnny Depp) das verfressene Rotkäppchen (frech: Lilla Crawford). Da verfällt die untreue Bäckerin (zauberhaft: Emily Blunt) Aschenputtels fremdgehendem Prinzen. Zwei ironisch gebrochene Episoden, die ebenso wie die lustige Rivalität-unter-Prinzen-Planscherei an einem Wasserfall zu der Gesangsnummer „Agony“ zeigen, was dieser bis auf Cinderella großartig besetzte Film sein könnte.

Wenn, ja wenn die Regie die anlässlich jeder neuen Märchenverfilmung bemühte Phrase von der „modernen Interpretation“ ernst nähme. Er glaube, dass „Into the Woods“ ein Märchen für das 21. Jahrhundert sei, „für die Generation nach 9/11“, setzt Rob Marshall noch einen drauf. Ein Geschichte für die Desillusionierten, die Gezeichneten also. Recht hat er. Gerade die brauchen Fabeln, gerne mit „Moral von der Geschicht’“. Doch die Art witziges Überlebensmittel ist dieses wirre Märchen nicht.

"Into the Woods" läuft in 13 Berliner Kinos; die Originalfassung im Cinestar SonyCenter.

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