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Chris Dercon, ehemaliger Museumsleiter und jetzt Chef der Berliner Volksbühne.

© Kai-Uwe Heinrich

Diskussion im Brecht-Haus: Chris Dercons Pläne bleiben im Nebel

Was will der neue Intendant der Berliner Volksbühne? Chris Dercon wird beim Gespräch im Literaturforum im Brecht-Haus nicht konkret.

Am Ende der Veranstaltung kommt doch noch ein bisschen Leben in die Diskussionsbude. „Sie werden nie konkret“, ruft eine Zuschauerin im Lesesaal des Brecht-Hauses in Richtung Podium. „Ich finde, da müsste mal mehr kommen!“ Sie hat den Abend im Grunde hinreichend zusammengefasst. Und nicht nur den.

Vorn sitzt Chris Dercon, der Intendant der Berliner Volksbühne. Und versendet unter dem Motto „Vom Hin und Her zwischen Theater, Kunst und anderen Medien. Ein Ausstellungsmacher als Theaterintendant?“ praktisch abendfüllend Déjà-vus. Was teilweise daran liegt, dass der Moderator des Gesprächs, der Journalist Alfred Eichhorn, quasi noch mal beim Urschleim der Debatte anfängt und im Übrigen nicht nachhakt. Leider, zumal er einige interessante Fragen stellt.

„Ich bin ein Schleuser“, erklärt sich Dercon also zum Beispiel. „Ich versuche, unterschiedliche Disziplinen zu verbinden.“ Woher war der noch gleich? Von der Programmpressekonferenz im Mai letzten Jahres? Oder schon von 2015, als Dercon von Michael Müller und Tim Renner in Berlin vorgestellt wurde?

Mehr Eigenproduktionen

Egal, ein anderer Klassiker: „Wir sind kein Abspielhaus, wir arbeiten mit Künstlern.“ Dieser Themenkomplex ist bekanntlich deutlich wichtiger, weil er wesentliche (kulturpolitische) Streitfragen zur Struktur des Hauses, zur Existenz der Volksbühne als Ensemble- und Repertoiretheater berührt. Nachdem Dercons Programmdirektorin Marietta Piekenbrock immer wieder von „maßgeschneiderten Haute-Couture-Ensembles“ für jede Produktion gesprochen hatte, höhlt Dercon den Ensemble-Begriff nun noch nebulöser aus: Sein „Traum“ sei eine „Equipe von Künstlern, die immer wieder ans Haus kommen und dort ihre eigenen Produktionen machen“. Mannschaft? Struktur-Präzisionen? Fehlanzeige.

Konkreter wird es, wie gesagt, nirgendwo. Obwohl – im Gegenzug – die Konkretion am Rosa-Luxemburg-Platz inzwischen ja durchaus zu besichtigen ist: sehr wenige Eigenproduktionen bisher. (Dercon: „Wir wollen viel mehr Eigenproduktionen machen“.) Ansonsten: Gastspiele. Oder Aufgüsse von Abenden, die schon anderswo zu sehen waren. Dazwischen viel Leerlauf. „Das dürfte sich kein anderes Theater erlauben“, mutmaßt eine Zuschauerin. Intendanten müssten doch normalerweise ab der ersten Spielzeit nach Amtsantritt „das Haus rocken“.

Geschichten erzählen

Zeit also, die Karte auszuspielen, eine Setzung nicht in drei Monaten etablieren zu können. „Der Vertrag ist über fünf Jahre“, sagt Dercon, „und ich bin absolut überzeugt, dass man diese Zeit braucht.“

Und die Setzung? „Eine horizontale Dramaturgie, weil wir versuchen, in unserer Programmierung wirklich eine Geschichte zu erzählen.“ Welche Geschichte genau? Das bleibt nebulös. In jedem Fall „eine, wo das eine Kapitel in das andere übergeht.“ Apropos jüngstes Kapitel, Albert Serras „Liberté“-Premiere. Diese fand der Intendant selbst „misslungen“. Aber: „Der Abend wächst.“ Drei Tage später sei er „viel besser“ gewesen.

Und übrigens, so Dercon, sei er „wahnsinnig gespannt, wie es weitergeht.“ Wer wäre das nicht?

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