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Oksana Lyniv ist Chefdirigentin an der Oper Graz.

© Oliver Wolf

Dirigentin Oksana Lyniv zu Gast in Berlin: Sturm und Schwang

Im Pierre Boulez Saal leitet Oksana Lyniv die Staatskapelle Berlin durch ein stilistisch buntscheckiges Programm.

Klar und scharf formulieren, was man möchte – darin erkennt Oksana Lyniv die Aufgabe des Dirigierenden. Ob man sie meistern könne, hänge nicht vom Geschlecht ab, sondern von der Kommunikation. Wie die Generalmusikdirektorin der Oper Graz in den Boulez Saal stürmt, erobert sie immer mehr Podien der Klassikwelt. Um den vielen Anfragen nachzukommen, beendet die 41-jährige Ukrainerin ihr Grazer Engagement Ende dieser Saison. Zu den Häusern, die Lyniv stärker an sich binden wollen, gehört auch die Staatsoper Unter den Linden. Den Auftakt macht ein Konzert der Staatskapelle in kleiner Besetzung im Oval des Boulez Saals, Operndirigate im Februar und April werden folgen.

Entschiedenheit vermittelt Lyniv vom ersten Augenblick an, wohin sie allerdings mit Wagners „Siegfried-Idyll“ wirklich will, ist schon schwieriger zu erfassen. Ihre Taktgebung ist zackig, selbst kleinste Einsätze stellt sie überdeutlich heraus. Damit könnte sie jede „Götterdämmerung“ zusammenhalten, doch den intimen Rahmen dieses Werks sprengt sie. Die Dirigentin, eine bekennende Wagnerianerin, blickt mit großer Geste wahlweise neben die Musikerinnen und Musiker oder gen Saalhimmel. Wagners süßes Familiengesumm, zur Geburt des ersehnten Stammhalters komponiert, bekommt so einen etwas verlegenen Ausdruck.

Fokussierter wirkt Lyniv bei Liszts „Malédiction“ für Klavier und Streichorchester. Tief lauscht sie in das hinein, was Yury Shadrin seinem Flügel an Raunen entlockt. Doch die Verschränkung von Solo-Instrument und Orchester bietet wenig Aufregendes; dieser Liszt bleibt eine entbehrliche Ausgrabung. Spannungsreicher ist der Aufprallwinkel bei Valentin Silvestrovs „Serenade für Streicher“. Durch das Werk des ukrainischen Komponisten geistern romantische Motivreste, der dunkle Staatskapellensound reibt sich an Klangfragmenten, dass es eine Freude ist. Die größte Besetzung versammelt sich zum Finale mit Prokofjews „Symphonie classique“. Hier müsste Lyniv gar keinen Überschwang hinzufügen, weil er ohnehin aus jedem Takt hüpft. Von ihrer beknienden Gestik zeigt sich die kippelige Balance erstaunlich wenig beeindruckt.

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