zum Hauptinhalt
Leuchtturm. Die Staatsoper will eine Vorbildrolle bei der Digitalisierung einnehmen.

© Staatsoper Unter den Linden / Marcus Ebener

Digitalstrategie der Staatsoper: Arie aufs Handy

Hochkultur mit Hashtag: Berlins Staatsoper stellt seine Digitalisierungsstrategie vor. Mit neuen Angeboten wie dem "Oper für alle"-Event will man vor allem junge Leute erreichen.

Der Begriff „Digitalisierung“ fällt zurzeit in jeder zweiten Zukunftsdiskussion und ist dennoch schwer greifbar. Die Staatsoper Unter den Linden sieht den Mehrwert vor allem in der Möglichkeit multimedialer Kommunikation und möchte im Rahmen ihrer neuen Digitalpartnerschaft mit einem bayerischen Automobilhersteller seinen Onlineauftritt ausbauen. Die sozialen Netzwerke sollen persönliche Einblicke hinter die Kulissen der Lindenoper ermöglichen, die insbesondere einem jüngeren Publikum den Zugang zur Opernwelt erleichtern könnten, wie Intendant Matthias Schulz erklärt. „Wir wollen die Hemmschwelle vor der Hochkultur senken, allerdings ohne den Anspruch zu verwässern.“

Denn auch wenn interaktive Hashtag-Formate und mehr Videocontent den Graben zwischen den Generationen überbrücken helfen sollen – hinübergehen muss das potentielle Nachwuchspublikum am Ende selbst. „Wir wollen nicht die virtuelle Oper erfinden“, meint Schulz. Im Gegenteil, die Oper solle ein Raumerlebnis bleiben. Deshalb wird den Jugendlichen durch das neue Projekt vor die smartphoneaffinen Augen geführt, dass ein Opernbesuch im Zeitalter des Internets eine andere kulturelle Erfahrung bedeutet. Man versucht, den Vorbehalten vieler Jugendlicher vor dem Erstkontakt mit der Oper entgegenzuwirken.

Realitätscheck für die Branche

Auf die Frage, ob sich die Aufführungspraxis auch auf künstlerischer Ebene vom digitalen Wandel beeinflussen lassen wird, reagiert Schulz skeptisch. „Der Klang einer Stimme oder eines Instruments lässt sich meiner Meinung nach nicht durch technische Mittel ersetzen.“ Dennoch werden dem Social-Media-Ausbau weitere Ergänzungen folgen. Die Staatsoper soll einmal eine Vorbildrolle einnehmen, als Leuchtturmprojekt für die Digitalisierung klassischer Musikinstitutionen.

Bei der im Januar gestarteten Veranstaltungsreihe „Out of the Opera“ besuchen Musikerinnen und Musiker der Staatskapelle unangekündigt Berliner Klubs und Bars und demonstrieren – neben ihren herausragenden Fähigkeiten –, dass sie den Kontakt mit der populären Seite der Hauptstadtkultur nicht scheuen.

„Wir wollen nicht nur Interesse wecken“, sagt Schulz, „ es ist auch ein Realitätscheck für uns.“ Dieser Perspektivwechsel steht exemplarisch für die Selbstreflexion einer ganzen Branche. Etwa beim „Oper für alle“-Event Mitte Juni auf dem Bebelplatz, bei dem eine Bodycam das turbulente Vorspiel von Tristan und Isolde aus der Sicht von Dirigent Daniel Barenboim aufnahm und live ins Internet übertrug. Das Experiment zeigt: Die Hemmschwelle kann auf Seiten der Jugendlichen ebenso abgebaut werden wie auf der Seite des klassischen Kulturbetriebs.

Jakob Wittmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false