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Justin Vernon, Frontmann der Band Bon Iver.

© Imago

Die 22 in der Musik: Mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Der 22.02.2022, so ein Datum gibt's so bald nicht wieder. In der Popmusik wird die 22 viel besungen, von Bon Iver bis Taylor Swift. Warum eigentlich?

Als der amerikanische Songwriter Justin Vernon alias Bon Iver sein Album „22, A Million“ veröffentlichte, da zierten das Werk eine Reihe kryptischer Symbole. Nichts, woraus man schlau werden konnte. Dass ein Song über Kreise mit der 8 verbunden wurde, leuchtete halbwegs ein. Der Sänger zitierte einen Vers aus Psalm 22: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen.“ Der Song „God“ wurde von Vernon mit der Zahl 33 verknüpft, entsprechend dem Alter, in dem Jesus gestorben sein soll. Ein bisschen neurotisch das alles.

Vernon erklärte, dass die 22 ihn selbst repräsentiere. Er habe sie stets als Rückennummer gewählt, seinen Wecker pflege er auf 22 Minuten nach der vollen Stunde einzustellen, 22 sei einfach sein Ding. Was damals nicht weiter beachtet wurde. Das Interesse an abstrakten Größen in der Popmusik ist beklagenswert gering. An einem Tag wie dem heutigen 22.2.22 drängt das Mysterium der Zahl allerdings mit Macht in den Vordergrund. Denn einen Tag wie diesen wird es erst in 200 Jahren wieder geben. Was also steckt dahinter, wenn Pearl Jam ihr Debütalbum „Ten“ nennen, John Lennon von einer „Revolution Nr. 9“ fantasiert und sich Justin Vernon mit der 22 identifiziert?

Vermutlich suchte der Musiker nach etwas, das ihn selbst meinte, aber nicht er selbst war. Man nennt das Kunstfigur. Aber rätselhaft bleibt es schon, dass in Bon Ivers Titelsong immer wieder derselbe untröstliche Gedanke auftaucht – dass bald schon alles vorbei sein könnte. „It might be over soon.“

Taylor Swift ist besser drauf

Von einer solch deprimierenden Aussicht hält Taylor Swift wenig. Wenn sie singt, dass sie sich wieder wie 22 fühle, dann weil sie es krachen lässt: „It feels like a perfect night / To dress up like hipsters / And make fun of our exes / Ah-ah, ah-ah.“ Das ist das lebenslustige Gegenbild zur Tristesse des seiner selbst unsicheren Sinnsuchers Justin Vernon, der, auf dem Weg zum Ex zu werden, sich nur bedauert.

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Swift demonstriert, wie viel Spaß man stattdessen haben sollte in einem Alter, von dem Lily Allen singt, dass es die Zukunft glanzvoll aussehen lasse. Mit 30 sei dann schon alles vorbei, so Allen: „I see that look in her face, she’s got that look in her eye / She’s thinking how did I get here and wondering why.“ Von dieser Sehnsucht nach Erlösung durch einen Kerl, der einen über die Schulter wirft und in ein neues Leben führt, wie Allen sagt, kann Taylor Swift zum Zeitpunkt der Aufnahmen ihrer „22“-Version nichts wissen, da sie selbst erst 22 ist.

Musik hat mit Zahlen zu tun. Die perfekte Harmonie ist mathematisch definiert. Im alten Ägypten wurde die Nay-Flöte aus Schilfrohr so gebaut, dass sie einer Länge von neun Knoten entsprach. Das sind sieben Handbreit und 28 Finger. Oder 105 Zentimeter. Grundton: D. Aus derselben Maßeinheit ging nach Überzeugung des Philosophen Friedrich-Wilhelm Korff der Bauplan der Pyramiden hervor. Sie seien nichts anderes als Harmonien in Stein, sagt er.

Im Pop läuft allerdings alles nur auf eine Zahl hinaus: 1. Die 1 ist immer gut. 1 ist ein Hit.

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