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Die Mezzosopranistin Stella Doufexis starb 2015.

© Milena Schlösser/Promo

"Dichterliebe" von Christian Jost: Grelle Wehmut

Christian Jost hat ein Lamento auf die Sängerin Stella Doufexis komponiert, eine Neuvertonung des Zyklus "Dichterliebe", den sich auch Schumann einst vornahm.

„Hör’ ich das Liedchen klingen, das einst die Liebste sang“: Für den Komponisten Christian Jost ist es das Zentrum der „Dichterliebe“ von Robert Schumann. In großer Zahl strömen die Zuhörer in den Werner-Otto-Saal des Konzerthauses, um zu erfahren, was ein Komponist von heute mit der Neukomposition des Zyklus zu sagen hat. Josts Kühnheit, ein Meisterwerk romantischer Poesie, das eigentlich keiner Ergänzung bedarf, zum Stoff seines „Weiterdenkens“ zu machen, irritiert. Sein Instrumentarium aber, bestehend aus Streichquartett, Harfe, Flöte (mit Altflöte), Klarinette, Klavier, Celesta und Schlagwerk, entfaltet einen Eigenton, der die Hörer am „Weiterdenken“ der Musik teilnehmen lässt.

Stella Doufexis war es, für die Christian Jost seine „Dichterliebe“ ursprünglich konzipiert hatte. Betrauert von vielen Menschen, ist die wunderbare Sängerin im Dezember 2015 gestorben. Unvergessen bleibt sie, die seit 2005 Ensemblemitglied der Komischen Oper war.

Der Abend ist ein Release-Konzert. Er wirbt mit einer Aufführung von Josts „Dichterliebe“ für ein Doppelalbum, dessen erste CD Schumanns Original und den Eichendorff-Liederkreis in Interpretationen von Stella Doufexis bewahrt.

Jost versieht die „Dichterliebe“ mit Dissonanzen des Schmerzes und mit grell gehämmerten Akkorden, die er aus Bausteinen zumal der Klavierbegleitung gewinnt. Unter seiner Leitung singt nun der dänische Tenor Peter Lodahl die Lieder verantwortungsvoll und einfühlsam. Was die Komposition jedoch vermissen lässt, ist das Poetische der Gedichte von Heinrich Heine. Die Texte, als deren getreue Diener kürzlich Ian Bostridge und Brad Mehldau aufgetreten sind, gehen oft unter im Rausch der Wehmutsklänge.

Eine Wehklage auf den Tod der Geliebten

Jost ist zuerst Klangkomponist, und Schumanns Kürze gerät bei ihm in die Breite. Er jongliert mit den Vor- und Nachspielen. Er repetiert „zerrissen mir das Herz“ in nahezu unverändertem Gesangsverlauf. Die Stimmung ist dunkler als die Frühlingsstimmen von Flöten und Geigen und Rose, Taube, Liebe. Der Komponist erreicht, dass sich Inseln der Melodie im Gedächtnis festhaken wie „mein übergroßes Weh“ in dem dominierenden „Liedchen“.

Das ist in aller Wildheit eine Lamentation auf den Tod der Geliebten, ein Höhepunkt der kompositorischen Annäherung, nach dem sich die Spannung verliert. Im Kreis seiner Interpreten kann sich der Dirigent und Komponist Jost für viel Beifall und die Sympathie seines Publikums bedanken.

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