zum Hauptinhalt
Pusten sich eins. Zwei große Berliner Entertainer unter sich. Foto: Promo/Oliver Fantitsch

© Oliver Fantitsch

Kultur: Der  Lack ist ab, na und?

Ilja Richter, Irmgard Knef im Theater am Ku’damm.

So, liebe Senioren, nun beruhigt euch mal langsam wieder. Die Flut lebensweiser Altersromane, trotziger Alten-Feelgood-Komödien, humoristischer Altersratgeber wird immer unübersichtlicher. Oder übernehmt ihr in den nächsten, demografisch günstig für euch verlaufenden Jahrzehnten komplett die traditionell vom Thema Jugend dominierte Popkultur? Da empfiehlt sich Ilja Richter als organisches Bindeglied. In den Siebzigern machte er im Fernsehen als „Disco“-Moderator Jugend-, jetzt im Theater am Kurfürstendamm Altenkultur.

„Du kannst nicht immer 60 sein“ ist die musikalisch und personell aufgestockte Bühnenversion seines gleichnamigen Buches. Die als Ratgeber getarnte Komödiantenplauderei enthält ewige und windige Wahrheiten zu Jugend, Alter, Gesellschaft und Entertainment. „Angst ist keine Weltanschauung“ – der beste Satz daraus – fällt gleich zu Beginn der oft klamaukigen, mal auch melancholischen Durchhalteshow. Leider stammt er nicht von Ilja Richter, sondern von dessen Vater, einem kommunistischen Widerstandkämpfer. Dass Richter selbst auch keine Furcht kennt, zeigt sich daran, dass er Hilde Knefs falsche Schwester Irmgard alias Ulrich Michael Heissig als Sketch- und Duettpartnerin gewonnen hat. Und zwar samt der munteren vierköpfigen Begleitband Die Toten Rosen. Die staubtrockene Lakonie des greisen Show-Schrapnells Irmgard ist durchgehender Lacher des Abends. Dramaturgisch wirkt der allerdings, als sei er in einer eierlikörgetränkten Nacht im Salon des Hotels Bogota entstanden: Knef und Richter sind versehentlich doppelt gebucht und streiten sich nun singend und erzählend um die hässliche Bühne eines Pleitetheaters. Das Ergebnis ist eine konstruierte, gerontophile Nummernrevue nebst seltsamen szenischen Einlagen. Super zündet dagegen Irmgards zusammen mit Ilja gesungener Mitschunkler „Der Lack ist ab, doch das Leben geht weiter“. Gunda Bartels

wieder am 2.–4 und 9.–11. November

Zur Startseite