zum Hauptinhalt
Dressman. Elyas M’Barek in einer ungewöhnlich ernsten Rolle.

© Constantin/Edith Held

„Der Fall Collini“ mit Elyas M’Barek: Extrarunde über dem Wannsee

Hauptsache Schauwert: Regisseur Marco Kreuzpaintner hat den Bestseller „Der Fall Collini“ verfilmt. Elyas M’Barek spielt einen ehrgeizigen Anwalt.

Die Zigarette qualmt im Gegenlicht, wenn der junge Anwalt über seinen Akten grübelt. Der Anzug sitzt. Nach Feierabend steigt er in den Boxring, auch da macht Elyas M’Barek eine gute Figur. Bisher eher in der leichten Muse zu Hause („Fack ju Göhte“, „Türkisch für Anfänger“), darf sich M’Barek nun als Jungjurist in einen ernsthaften, eigentlich aussichtslosen Fall verbeißen. Doch wie er in „Der Fall Collini“ klarstellt: „Es gibt keine aussichtslosen Fälle“. Tatsächlich wird das Greenhorn am Ende seine Gegenspieler alle verblüffen.

Nein, einen Innovationspreis gewinnt der Film nicht, auch nicht die Vorlage des Justizkrimi-Experten Ferdinand von Schirach. Der Autor hat seine Erfahrungen als Strafverteidiger in Erzählbänden wie „Verbrechen“ und „Schuld“ verarbeitet. Beinahe alle seine Werke sind mittlerweile verfilmt, nun auch sein erster Roman, „Der Fall Collini“ von 2011.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Buch und Film spielen 2001. In einer Hotelsuite erschießt ein alter Mann einen anderen alten Mann. Der eine war Unternehmer, reich und obendrein Ziehvater des Anwalts Leinen (M’Barek). Der Täter, ein Italiener namens Collini, fällt vor allem dadurch auf, dass er von Franco Nero gespielt wird – jenem Darsteller, der in unzähligen Italo-Western mit eisblauen Augen in die Kamera blickte. Über weite Strecken macht er hier dasselbe: Als Mörder will er partout nichts sagen, auch nicht zu Leinen, seinem Pflichtverteidiger. Doch die Zuschauer ahnen: Er ist eigentlich der Gute, und der Getötete (Manfred Zapatka) hegte ein finsteres Geheimnis.

Regisseur Marco Kreuzpaintner will mehr als einen Gerichtsthriller erzählen und möchte wie Schirach einen Justizskandal in Erinnerung rufen: das Dreher-Gesetz aus den späten 60er Jahren, das etliche Kriegsverbrecher ungestraft davonkommen ließ. Der Film gibt sich Mühe, die Romanvorlage moderat zu modernisieren: Der Anwalt bekommt türkische Wurzeln und darf sich Sprüche anhören wie jenen, dass er ohne seinen Ziehvater jetzt wohl am Dönerspieß stehen würde.

Bloß nicht zu tief bohren

Gleichzeitig bemüht sich „Der Fall Collini“ recht angestrengt um Kino-Schauwerte: Regisseur Kreuzpaintner hat bereits Hollywood-Erfahrung gesammelt, mit dem Menschenhandel-Drama „Trade“ von 2007. Auch jetzt setzt er die Bilder und Figuren effektvoll in Szene: Wenn die Anwälte auf einem Segelboot Weißwein trinken, dreht die Kameradrohne eine Extrarunde über den Wannsee. Springt die Handlung zurück in den Zweiten Weltkrieg, dann in ein malerisch verwittertes Dorf, in dem Nazis zur Musik vom Grammofon unschuldige Italiener erschießen.

Alles an „Der Fall Collini“ ist griffig und von einer Eindeutigkeit, die sich so gar nicht mit der schillernden Moral der Geschichte verträgt, die einen Rachemord zur Heldentat umdeutet. Doch bevor man sich Gedanken über irgendwelche ethischen Implikationen machen kann, schwelgt der Film wieder in Musik und in schönen Bildern. Ein junger Anwalt in der Sonne Italiens, der Anzug sitzt, und alles ist gut.

in 22 Berliner Kinos.

Zur Startseite