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Der "Welt"-Journalist und PEN-Deutschland-Präsident Deniz Yücel, hier bei der Eröffnungsveranstaltung der lit.cologne.

© dpa

Deniz Yücel sorgt für Zoff beim PEN: Ein Verein, seine Ideale und das freie Wort

Viel Knatsch beim PEN Deutschland, mehr intern als extern? Wegen seiner Äußerungen zum Krieg in der Ukraine soll Präsident Deniz Yücel zurücktreten.

Man kann es natürlich so schön ironisch ausdrücken, wie Deniz Yücel das in seinem Twitter-Account tut, nicht zuletzt weil es um seine Person geht, um sein Amt als Vorsitzender des deutschen PEN-Zentrums, das er erst seit Oktober vergangenen Jahres innehat: „Da in der Welt derzeit nicht so viel los ist, ist was los im PEN Deutschland.“

Tatsächlich hat das Ganze auf den ersten Blick eine gewisse Relevanz in diesen Kriegszeiten, erscheint auf den zweiten aber wie die Angelegenheit eines Vereins, der primär mit sich selbst beschäftigt ist. Yücel hatte auf einem Podium bei der lit.cologne in Köln die Einrichtung einer Flugverbotszone über der Ukraine in Erwägung gezogen und angedeutet, dass die NATO vielleicht auch militärisch direkt gegen Putin und seine Truppen vorgehen solle.

Yücel war von der Moderatorin gefragt worden: „Sollte der Luftraum über der Ukraine geschlossen werden?“, woraufhin er antwortete: „Wäre ’ne gute Idee, oder?“, ansonsten drohe ein Bombardement Kiews durch die russischen Streitkräfte: „Das ist ja nicht, weil die Ukrainer so scharf darauf sind, jetzt uns auch alle in diesen Krieg einzubeziehen.“

Es geht um ganz andere Dinge, sagt Yücel

Daraufhin hatten vier ehemalige Präsidenten, nämlich Johanno Strasser, Josef Haslinger, Gert Heidenreich und Christoph Hein, dazu Yücels Vorgängerin Regula Venske und wohl noch diverse andere PEN-Mitglieder in einem Brief den Rücktritt von Deniz Yücel gefordert.

Er habe mit diesen „öffentlichen militärstrategischen Äußerungen“ gegen die Charta des Internationalen PEN verstoßen, heißt es in dem Brief, einer Charta, die sich „dem Ideal einer in Frieden lebenden Menschheit verpflichtet“ fühle.

In einem Antwortbrief, der wie der Brief der PEN-Funktionäre dem „Deutschlandfunk“ vorliegt, soll Deniz Yücel seinen Rücktritt als Präsident zurückgewiesen und geschrieben haben, dass er durchaus „im Sinne einer Frieden lebenden Menschheit“ gesprochen habe und er es weiterhin „für geboten“ halte, „der Ukraine auch militärisch beizustehen.“

Nun kann man die Ausführungen von Yücel diskutieren – aber dass er von seinem Verein, der die Meinungsfreiheit überall auf der Welt als höchstes Gut verteidigt, der naturgemäß die Kraft des freien Wortes ganz oben auf seiner Agenda stehen hat, dass er also wegen dieser ja vor allem debattierfähigen Äußerungen zum Rücktritt aufgefordert wird?

Mobbing-Vorwürfe

Yücel, der im Hauptberuf Journalist der „Welt“ ist und ein Jahr in einem türkischen Gefängnis sitzen musste, weil dem Erdogan-Regime seine Worte über die Zustände in der Türkei nicht passten, schrieb dann auch bei Twitter, dass es „in diesem Streit (auch/eigentlich) um ganz andere Dinge“ gehe.

Um was, konnte man am Montag in einem Text des PEN–Mitglieds Petra Reski in der „FAZ“ nachlesen. Reski geht es um die Rücktrittsforderungen durch die Ex-Vorsitzenden der Schriftstellervereinigung erst ganz am Ende. Vielmehr zitiert sie Tweets von Yücel aus dem vergangenen Jahr, „die Verwunderung auslösten“; sie schreibt von „versehentlich“ versandten Mails, die offenbaren sollen, dass das von Yücel geleitete Präsidium andere Mitglieder gezielt loswerden will; und auch von „Mobbing“ und „Verschlagenheit“ der Yücel-Seite ist bei Reski die Rede

Es ist also wirklich was los beim PEN, dieser seit 1921 in England gegründeten und seit 1924 auch in Deutschland bestehenden Vereinigung von „Poets, Essayists und Novelists“ mit Sitz in Darmstadt. Wie es scheint, rumort es seit Yücels Amtsantritt.

Das verwundert, da er doch gerade erst gewählt wurde und dem PEN erstmals seit vielen, vielen Jahren wieder eine gewisse Statur und eine größere öffentliche Aufmerksamkeit für seine Anliegen verschafft hatte.

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