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Diese umstrittene Skulptur im Historischen Grünen Gewölbe in Dresden wurde umbenannt.

© Sebastian Kahnert/dpa

Debatte um Umbenennung von Kunstwerken: In Dresdner Museen findet weder ein „Bildersturm“ noch „Zensur“ statt

Die Kunstsammlungen in Dresden benennen Exponate um, da sie rassistische Namen tragen. Die Aufregung darüber nimmt groteske Züge an. Ein Kommentar.

Liegt es an der Torschlusspanik konservativer Kreise vor der Bundestagswahl, dass derzeit mal wieder eine lahmende Sau durchs deutsche Dorf getrieben wird? „Schluss mit der Zensur“, tönt die „Bild“. Ein Fall von „Cancel Culture“ und „Bildersturm“, wittert die „Berliner Zeitung“. Der Grund: Aus einer Antwort des sächsischen Kulturministeriums auf eine Anfrage der AfD-Fraktion geht hervor, dass die Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden (SKD) die Titel von 120 Werken zum Teil komplett erneuert und bei 23 weiteren Werken kleinere Veränderungen vorgenommen hatten.

Seit Anfang 2020 überprüfen die SKD ihre Kunstwerke auf diskriminierende Begriffe oder Inhalte. Aus der Zeichnung mit dem Titel „Kopf eines Eskimos“ wurde nun „Kopf eines Inuit“. Bei elf Objekten markierte man einzelne Begriffe mit Asterisken, also Sternchen. Aus dem „Mohr mit der Smaragdstufe“, eines der bekanntesten Ausstellungsstücke im Dresdner Grünen Gewölbe, wurde „**** mit der Smaragdstufe (historische Bezeichnung)“. Klickt man in der Datenbank aber auf den Namen, erscheint der ursprüngliche Titel wieder.

„Übliche Museumsarbeit“

„Ich finde, wir sind als Museen historische Institutionen“, kritisierte Reinhard Spieler, Vorstandsmitglied des Deutschen Museumsbunds, das Vorgehen gegenüber dem „MDR“, „und wir wollen eigentlich sichtbar machen, dass man in anderen Kulturen und zu anderen Zeiten andere Werte vertreten hat. Das ist der Sinn von Museen.“ Marion Ackermann, die Generaldirektorin der Sammlungen, verteidigt das Vorgehen dagegen. Die Titel wirkten diskriminierend und müssten erläutert werden. Das sei schlicht „übliche Museumsarbeit“. Pressesprecher Holger Liebs nennt das gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ „didaktischer Ansatz, der die Historie des Begriffs nicht ausblendet, sondern sie im Gegenteil sichtbar macht; da wird Bewusstsein geschaffen“.

Die SKD gehen dabei behutsam vor. Originaltitel, die vom Künstler stammten oder Bezeichnungen, die fest verankert sind, werden in Anführungszeichen gesetzt und mit dem Zusatz „historischer Titel“ versehen. Nur bei Werken ohne festen Titel würden die Namen komplett verändert, aber schon aus Forschungszwecken nicht gänzlich getilgt. „Die Bearbeitung von Werk- oder Objekttiteln ist eine übliche, seit Jahrhunderten in sehr vielen Museen in aller Welt stattfindende Praxis“, teilten die SKD mit.

Wer hier von Bildersturm, also der bewussten Zerstörung, spricht, ist schlicht geschichtsvergessen. Von den 1,48 Millionen Exponaten wurden durch die Kunstsammlungen Dresden bislang 0,01 Prozent aller Titel verändert. Der Sturm, den die Kritiker sehen wollen, ist schlicht die heiße Luft, die sie selbst aufwirbeln.

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