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Der chilenische Schriftsteller Roberto Bolano, 1953-2003

© Bertrand Parres/AFP

"Cowboygräber" von Roberto Bolaño: Dichter in Nöten

Die Schriftsteller, die Diktatur und die Flüsse in Chile: Roberto Bolaños autobiografisch grundierte Erzählungen "Cowboygräber".

Das Archiv des 2003 in Barcelona verstorbenen chilenischen Schriftstellers Roberto Bolaño scheint ein unerschöpfliches Werk-Reservoir zu sein; so unerschöpflich, dass mit Hanser und S. Fischer inzwischen zwei Verlage die deutschen Übersetzungen davon veröffentlichen.

Nach dem vergangenes Jahr bei S. Fischer der surrealistische Roman „Monsieur Pain“ erschien, hat nun wieder Hanser den Bolaño-Staffelstab übernommen, mit drei Erzählungen, die Bolaño Mitte bis Ende der neunziger Jahre und eine wohl kurz vor seinem Tod geschrieben hat. (Aus dem Spanischen von Christian Hansen und Luis Ruby. Hanser, München 2020. 190 S., 22 €.)

Die Erzählung "Vaterland" streift den Putsch

Insbesondere die erste, die Titelgeschichte „Cowboygräber“, hat – für Bolaño ungewöhnlich – stark autobiografischen Charakter, nicht nur weil der Ich-Erzähler Artur Belano heißt.

Es geht darin unter anderem um einen gescheiterten und einen weiteren, dann erfolgreichen Versuch der Familie Bolaño 1968 von Chile nach Mexiko zu fliegen; und am Ende der vier „Cowboygräber“-Kapitel, die jedes für sich eine eigene Erzählung bilden, um den Putsch in Chile 1973, wo der junge Erzähler Wache halten soll, in diesem Teil Santiagos sich aber so gar nichts tut.

Auch „Vaterland“ streift den Putsch („Meine Mutter verlor ihre Arbeit als Mathematiklehrerin im Dritten Gymnasium in Concepción. (...) Mein Bruder David wurde verhaftet und verprügelt“), handelt vom Reisen, von Träumen, von Gabriela Mistral oder Nicanor Parra, vor allem aber auch anderen, fiktiven Schriftstellern, die bekanntermaßen Bolaños gesamtes Werk geradezu überbevölkern.

Allen drei „Cowboygräber“-Erzählungen ist die für Bolaño typisch klare Sprache gemein, die wiederum stets einen leicht neben der Realität liegenden, wundersamen, oft rätselhaften Inhalt transportiert. Man muss es wieder sagen: Das hier ist weiterhin keine Resteverwertung, sondern die Prosa eines großartigen Schriftstellers, die unbedingt veröffentlicht gehört.

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