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Sarah Connor hat ihren Song "Sind wir bereit?" genannt.

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Corona-Popmusik: So klingt die Krise

Die Pandemie hat das neue Genre des Corona-Songs geschaffen. Wir haben uns zehn deutsche Lieder angehört, was mal witzig, mal schlimm und mal tröstend war. Auch als Spotify-Playlist auf dem Tagesspiegel-Account.

Glitzer Gischi: „Bums Bums Corona“

Als Hamlet der Realität nicht mehr gewachsen war, rettete er sich in den Wahnsinn. So wie Raskolnikow, wie Don Quichotte, wie Gretchen. Die Dichtkunst blickt auf eine lange Tradition zurück, was geistige Umnachtung als Möglichkeit angeht, sich den Zumutungen der Welt zu entziehen.

Da reiht sich der Münchner Sänger-Poet Glitzer Gischi ein. Am Anfang steht auch bei ihm die Überforderung angesichts einer komplexen Welt. „Brauch ich eine Maske auf meinem Gesicht?“, fragt das lyrische Ich, um die Antwort in Anlehnung an Sokrates hinterherzuschieben: „Das weiß ich nicht. Was weiß ich schon?“

Offenkundig genug, um nicht nur eine Selbstdiagnose, sondern auch eine Schuldzuweisung zu formulieren: „Die Medien machen mich verrückt, und zwar in Perfektion.“ Die Symptome des Irrsinns: ein von Schlagerorgel begleiteter Disco-Marsch, über den grammatikalisch wie epidemiologisch fragwürdige Ratschläge wie „Zieh deine Patschen aus den Taschen, nimm die Hände vor den Mund / Fang zum Niesen an, denn das ist gesund“ gereimt werden

Realitätsverweigerung, die ihren Höhepunkt im Dada-Refrain „Bums Bums Corona / brauch ich nicht / Hoppsassa“ findet. Die Heilungsaussichten sind gering, doch lässt sich mit Hamlet sagen: „Ist dies schon Tollheit, so hat es doch Methode.“ Moritz Honert

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Sarah Connor: „Sind wir bereit?“

Bill Gates? Impfdiktatur? Bilderberger? Alles Quatsch. Wenn die Coronakrise erfunden wurde, dann aus einem einzigen Grund: um Verkaufsanreize für deutschsprachigen Erbauungspop zu liefern.

In einem geheimen Zirkel klopfte man die Pandemie zunächst auf ihre Verwertbarkeit ab, dann wurde die Beute verteilt: Max Giesinger führt die Mutigen an („Nie stärker als jetzt“), Silbermond spendet Trost („Machen wir das Beste draus“) und Sarah Conor kümmert sich um die Krisenethik („Sind wir bereit?“). Und so dichtete Delmenhorsts berühmteste Tochter offensichtlich inspiriert von American Pie („Alles dreht sich um das Eine“), Der kleine Prinz („Endlich mal wieder mit dem Herzen zu sehen“) und Schulbanklyrik („Würdest du (…) noch mal mit mir gehen?“).

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Inhaltlich ist das Lied ein kruder Mix aus Lob des Krisenmanagements, Warnung vor dem Klimawandel und Kapitalismuskritik. Zudem wird das Wechselverhältnis zwischen einer gealterten Beziehung und Meeressäugern ausgelotet. Dann der mit unverwechselbar souliger Stimme vorgetragene Refrain: „Jetzt ist die Zeit für Ehrlichkeit“. Gerne, also: „Sind wir bereit?“ Ja, für die fortwährenden Einschränkungen im Alltag. Aber für eine weitere Runde Erbauungsterror? Niemals! Hannes Soltau

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Bodo Wartke: „Christian Drosten“

Mit Liebeserklärungen kennt sich der Kabarettist Bodo Wartke bekanntlich aus. Sein „Liebeslied“ singt er inzwischen in so ziemlich jeder vom Publikum gewünschten Sprache – und ohne Publikum sucht er sich eben einen neuen, virtuellen Angebeteten.

Sein Corona-Song ist glücklicherweise kein leidendes Moll-Geschrammel, sondern eine funky Klavier-Hymne an den Charité-Chefvirologen, dessen Podcast Deutschland dieser Tage die Virus- Welt erklärt. Wartkes Coronavirus-Update-Upload hat bei Youtube fast 300 000 Mal geklickt – an Drostens Klicks reicht er damit zwar nicht ganz heran, aber das kann ja noch werden.

Immerhin hat Wartke ein Pandemie-Flötensolo. Zugegeben profitiert er davon, dass sich auf Drosten einiges reimt: im Westen wie im Osten, während alle in der Isolation verrosten, bleibt einer auf Posten, gegen all die anderen Pfosten – womit zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Anfang Mai ausdrücklich nicht andere Virologen gemeint waren, sondern Trump und Bolsonaro. Einig sind sich am Ende hoffentlich alle: There’s got to be glory in prevention. Anke Myrrhe

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Höhner mit Freunden: „Zeit für Menschlichkeit“

Um die tapferen Menschen in systemrelevanten Berufen zu würdigen, lud die Kölner Karnevalsband befreundete Musiker zu einem Benefizsong im Stil von „Do They Know It’s Christmas?“ ein. Konzept: Jeder übernimmt eine Zeile und alle tun arg ergriffen. Der Text muss unter starkem Zeitdruck oder bei enormer Lustlosigkeit entstanden sein, das Bekenntnis zum unterkomplexen Paarreim zieht sich durchs gesamte Stück. Kostprobe: „Da ist die Ärztin, die keinen aufgeben will, der Pfleger steht keine Sekunde still.“

Oder: „Du belädst den Truck und du fährst die Bahn, du sorgst für Ordnung und du packst das Regal.“ Noch schludriger gerät der Dank an die Pädagogen: „Du gibst Unterricht und zwar digital, du spielst mit den Kindern …“, und da wohl nichts Besseres einfiel, hängte man halt ein „ja, das ist genial“ dran. Leider hatte Bob Geldorf keine Zeit, dafür sagten der Pianist von Matthias Reim, der Sänger von Fools Garden und die Viertplatzierte einer Castingshow zu. Es ist eine wahre Supergroup, wenn man sich das Super wegdenkt. Auch Komiker Bernd Stelter (der aus „7 Tage, 7 Köpfe“) darf mitschunkeln, und wie er da im Video mit geschlossenen Augen beseelt im Takt klatscht und vom eigenen Pathos überwältigt scheint, das ist schon schwer zu ertragen. Sebastian Leber

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Theodor Shitstorm: „Tanz die soziale Distanz“

Gabi Delgado-López starb zu Beginn des europäischen Corona-Ausbruchs. Nicht am Virus, sondern wohl an den Folgen eines Herzinfarktes. In den Tagen danach hatte „Der Mussolini“, größter Hit des Duos, ein kurzes Radio-Comeback, was ein anderes Duo zu einer Hommage inspirierte.

Denn Theodor Shitstorm aus Berlin – bestehend aus Desiree Klaeukens und dem auch als Filmemacher bekannten Dietrich Brüggemann – hörten statt „Beweg deinen Hintern/ Und klatsch in die Hände“ immer nur „Beweg deinen Hintern/ Wasch dir die Hände“. Daraufhin schrieben sie „Tanz die soziale Distanz“, der zu den gelungensten Exemplaren des Pandemie-Genres zählt. Von einer DAF- mäßigen Synthie-Drummaschine-Basis bewegen sich Theodor Shitstorm in ihre angestammten Indiepop-Gefilde. Die E-Gitarre übernimmt, ein Banjo und ein Klavier dürfen später auch noch mitmachen.

Klaeukens und Brüggemann wechseln zwischen Delgado-Gedächtnis-Skandieren und normalem Gesang: „Tanz den Virus, und jetzt den Mundschutz, und jetzt den Kekulé und jetzt die Charité / Lass dich testen, und tanz nach Westen, tanz nach Osten und tanz den Drosten“. Wird den beiden Medizinern wahrscheinlich nicht gefallen, dass sie gemeinsam in dieser Hygieneregel-Hymne auftreten. Aber Gabi Delgado hat im Popstar-Himmel sicher seinen Spaß daran. Nadine Lange

Fatoni: „Zuhause“

Im Video seines Corona-Songs „Zuhause“, einem neu betexteten Remake der 2016er Cloud-Rap-Persiflage „Modus“, greift der Münchner Rapper Fatoni die Poserattitüde zahlloser Hip-Hop- Clips ironisch auf und bricht sie aufs Wohnzimmerformat herunter.

Da wird in der mit Schlafcouch, Gummibäumen und allerlei Nerdutensilien zugerümpelten Altbau-Junggesellenbude notgedrungen mit Kippe, Billigwein und Eis am Stiel herumgehampelt, während auf dem Flatscreen jene fast schon legendäre „Tagesschau“ vom 22. März läuft, in der Jan Hofer vermeldet, dass die Clubs nun wegen des Lockdowns Musik „schtriemen“.

Der über sechs Minuten lange, aber dank der Gast-Raps von Juse Ju, Mauli und Panik Panzer (alle aus ihren Wohnungen) kurzweilige Track fängt eine Zeitgeist-Momentaufnahme zwischen Situationskomik („zwei Meter Abstand / schmeiße Scheine auf den Pizzaboten“), Krawallbereitschaft („spiele sehr laut Rammstein / wenn die Nachbarn vom Balkon aus musizieren“), Fatalismus und Paranoia ein. Es hilft sehr, dass alle vier – mit oder ohne Autotune – einen derben Flow haben und die Beats des Originals gut gealtert sind. Wenn Deutschrap aus dem Homeoffice, dann bitte so. Jörg Wunder

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Chor der Kulturen der Welt: „Kleine Ursache, große Wirkung“

Kanons sind Echoräume, und was für welche. „Kleine Ursache, große Wirkung“, Barbara Morgenstern hat den vierstimmigen Corona-Song für den von ihr geleiteten Chor der Kulturen der Welt komponiert, im Rahmen ihrer Sprichwörter-Kanon-Serie.

Zusammengeschobener Septakkord, schimmernd zwischen Dur und Moll, drei Mal schwingt die Vier-Ton- Folge sich nach oben und sinkt wieder ab: Die gut 40 Sängerinnen und Sänger des Berliner HKW-Chors werfen einander die Melodie zu wie eine Ankerleine. Ihre Stimmen winden sich umeinander, so geht Intimität auf Abstand. Splitscreen mit Passfoto-Kacheln, man kennt das jetzt von vielen Corona-Chören.

Hier pulsieren die Bilder in sanftem Rhythmus, als handele es sich um ein ruhig atmendes, singendes Wesen mit vielen Mündern. „Ein Sprichwort ist ein kurzer Satz, der sich auf lange Erfahrung gründet“, wird Miguel de Cervantes auf der Facebook-Seite des Chors zitiert. Mit Corona gibt es erst kurze Erfahrung; die gesampelten Sprichwörter passen dazu. „Kleine Ursache, große Wirkung. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Mitgefangen, mitgehangen.“ Das war’s schon und wieder von vorn. Am Ende stimmt man mit ein, das ist das Schönste am Kanon. Christiane Peitz

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Danger Dan: „Nudeln und Klopapier“

Wie schnell sich die Themen der Pandemie wandeln, zeigt Danger Dans Pianoballade übers Hamstern. Fast schon retro scheint dieser Song, den der Rapper, Mitglied der Band Antilopen Gang, Anfang März auf Youtube veröffentlicht hat – jetzt, da die Supermärkte wieder voll sind.

„Und jedes Blatt Klopapier auf dieser Welt/ Cannelloni, Maccaroni, Spaghetti, Spirelli und Co/ Würd' ich geben, würd’ ich geben für ein Ende der Quarantäne/ Für einen Frühlingsspaziergang mit dir durch den Berliner Zoo“, singt der Musiker wehmütig. Vor allem, nachdem er von seiner gestoppten Tour heimgekehrt war, wo er sich, wie er schrieb, beim Stagediven noch „von Hunderten ungewaschenen Händen“ hatte tragen lassen.

Ausgerechnet „Abbruch, Abbruch“ heißt das letzte Album der Antilopen Gang. Selbsterfüllend mussten alle Konzerte abgesagt werden. Inzwischen hat der Zoo wieder geöffnet, von seiner Hymnenhaftigkeit hat das Lied dennoch nichts eingebüßt. Für eingängige Refrains war sich die Antilopen Gang nie zu cool, genauso wenig wie für politische Statements. Geblieben ist die ständige Selbstbeobachtung: „Ich fühl mich ein bisschen erkältet und hoff’, dass es Raucherhusten ist“, vielsilbt Danger Dan da. Schöner hat seit Rio Reiser niemand mehr am Klavier getröstet. Julia Prosinger

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Tocotronic: „Hoffnung“

Die Welt, das ist nichts Neues, ist schlecht und ungerecht. Denn eigentlich hätte „Hoffnung“ von Tocotronic in den letzten Wochen von jedem Balkon, aus jeder Bluetooth-Box, aus jedem Radiosender bis zum Gehtnichtmehr erklingen müssen.

Am 8. April mitten im Lockdown veröffentlicht – vorab, denn der Song stammt von dem wann auch immer erscheinenden neuen Tocotronic-Album – dürfte „Hoffnung“ das beste, stimmigste Stück zur Coronakrise sein. Seine Stimmung: düster, unheilvoll, elegisch. Der Song basiert auf wenigen schleppenden Gitarrenakkorden, die schnell von dräuenden Streichern dominiert werden; im Kontrast dazu stehen die Lyrics von Dirk von Lowtzow „gegen die Vereinzelung“: „Aus jedem Ton spricht eine Hoffnung / Transformation aus jedem Klang / Aus jedem Ton spricht eine Hoffnung / Auf einen Neuanfang“.

Passender geht es kaum. Aus einem ursprünglichen, sich dem Individualisierungswahn entgegenstemmenden Liebeslied, „das uns verbindet“, wurde plötzlich ein Lied von allgemeiner Gültigkeit, in dem sich jeder Coronakrisen-Melancholiker sofort wiedererkennt. Dirk von Lowtzow hat schon viel lyrischen Quark zusammengerührt, so klar und auf den Punkt wie hier war er lange nicht. Gerrit Bartels

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Jan Böhmermann : „Aerosol – Das Musical, Titelsong: Alexander Kekulé“

In Zeiten angestauter Reiselust entführt uns Jan Böhmermann nach Afrika. Ein Background-Chor singt klangvoll die Silben A-U, U-Ä-O, A-LE-XAN-DER KE-KU-LÉ. Rhythmus und Melodik sind pures König-der-Löwen-Klischee, der Gesang nimmt uns mit auf Safari durch den vermeintlichen Geist des Mediziners: Der, also Alexander Kekulé, finde Drosten „zum Kotzen“, wäre gern der „beste Virologe“ und „charakterlich voll ok“, heißt es da. Die Zeile, er wolle „auch mal in der Zeitung stehen, oder wenigstens bei Bild.de“ bringt Böhmermanns Kritik auf den Punkt, der gedankliche Schritt vom König der Löwen zum König der Virologen.

Alle Musik ist mundgemacht, das heißt: Beatbox statt Rhythmusgruppe, mehrstimmige Chor-Harmonien, dem Anschein nach von Böhmermann eingesungen. Gerade Beatboxer gelten als Speichelschleudern, die ihre Mikrofone nicht nur feucht, sondern triefend nass hinterlassen. Der Titel „Aerosol“ beschreibt somit nicht nur das vom Virus bevorzugte Fortbewegungsmittel, sondern auch die Produktionsbedingungen und verdient wegen künstlerischer Konsequenz ein Bienchen. Ein weiteres Bienchen gibt es für das infantile Herunterbrechen des sicherlich hochkomplexen Psychogramms Alexander Kekulés. Thomas Wochnik

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