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Das Ensemble Concerto Melante besteht aus Mitgliedern der Berliner Philharmoniker.

© Alessandro Capone

Concerto Melante im Kammermusiksaal: Gutes kommt von oben

Musik der Reformation: Choräle aus Martin Luthers Feder, dargeboten von dem Ensemble Concerto Melante im Kammermusiksaal.

Heinrich Heine hat die Sache auf den Punkt gebracht: „Ein feste Burg ist unser Gott“ sei die „Marseiller Hymne der Reformation“, schrieb er. Also quasi deren Internationale. Es ist der berühmteste, aber bei Weitem nicht der einzige Choral, den Martin Luther getextet (und komponiert!) hat. Wie sehr sich im strengen, ganz dem Wort statt dem Bild verpflichteten Protestantismus das künstlerische Drängen in der Musik austobte, wie sehr Musik auch vorzügliches Mittel war, Glaubensinhalte im Gottesdienst und zu Hause zu transportieren – das hat jetzt, kurz vor dem Reformationstag, sehr schön das Ensemble Concerto Melante im Kammermusiksaal gezeigt.

Indem es drei Luther-Choräle präsentiert, sowie deren Bearbeitungen durch spätere bedeutende Komponisten. „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort“ ist deftiger Luther pur. Die Zeile „und steur des Papsts und Türcken mord“ hat man allerdings später in „und steure deiner Feinde Mord“ gemildert. Von Johann Walter, dem Herausgeber des ersten evangelischen „geystlich Gesangk Buchleyn“, existiert eine vierstimmige Vertonung; Dietrich Buxtehude schuf 1687 eine Version, die sich in den letzten Strophen wagemutig weit vom cantus firmus entfernt und in ein prächtiges Amen mündet. Vier Gesangssolisten, darunter Alex Potter als Altus, und das Vocalconsort Berlin bringen das Flechtwerk der Stimmen berührend klar und transparent zum Klingen und werden dabei glänzend unterstützt von Concerto Melante, das sich teils aus Mitgliedern der Berliner Philharmoniker zusammensetzt (Leitung: Raimar Orlovsky).

Versionen von Pachelbel und Bach

Christoph Wolff erläutert die Zusammenhänge: Etwa, dass eine Gemeinde im 17. Jahrhundert „Ein feste Burg“, von dem Vertonungen durch Franz Tunder und Georg Philipp Telemann erklingen, ganz anders gehört hat. Nämlich mit den Musikern im Rang. Die Töne kamen also von oben, konnten weniger differenziert wahrgenommen werden.

Spannend ist der Vergleich von Luthers „Christ lag in Todesbanden“ in Versionen von Johann Pachelbel (vor 1706) und dem jungen Johann Sebastian Bach (1707, BWV 4). Traditionslinien werden deutlich (Pachelbel war Lehrer von Bachs Bruder), aber auch der Quantensprung, etwa in drei irrsinnig schnell gespielten, figurativen Geigen der dritten Strophe, mit dem Bach die protestantische Kirchenmusik auf ihren Höhepunkt führte.

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