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Kontroverser Autor: Frank Miller war schon auf vielen Festivals Stargast, hier bei der Heroes Comic Con Madrid 2017.

© Imago / Agencia EFE

Wegen islamophober Beiträge: Comicfestival lädt Star-Zeichner Frank Miller aus

Das Thought-Bubble-Festival hat Bestseller-Autor Frank Miller wegen dessen Darstellung von Muslimen ausgeladen – zu spät, sagen Kritiker*innen.

Der US-Zeichner und Autor Frank Miller ist dank Veröffentlichungen wie „Sin City“ und seiner vielgelobten „Batman“-Erzählungen, die in den 80er Jahren das Genre modernisierten, einer der Superstars der internationalen Comicszene. Und der 64-Jährige, dessen Werk zudem erfolgreich verfilmt wurde, ist seit langem auch einer der umstrittensten Comicschaffenden. Viele seiner Arbeiten strotzen vor sexualisierter Gewalt, Frauenfeindlichkeit, ethnischen Stereotypisierungen – und antiislamischen Ressentiments.

Letzteres war jetzt der Auslöser einer öffentlichen Kontroverse, an deren Ende Miller am Mittwoch von den Veranstalter*innen des renommierten britischen Comicfestivals Thought Bubble ausgeladen wurde. Dort sollte er eigentlich Mitte November als „Special Guest“ aus den USA eingeflogen werden. Stattdessen veröffentlichte das Festival am Mittwoch eine kurze Stellungnahme, deren Kernaussage lautet: „Frank Miller wird nicht mehr beim Thought-Bubble-Festival zu Gast sein“.

Anlass der Ausladung war eine öffentliche Debatte über Miller-Äußerungen und seine Darstellung von Muslimen, vor allem in seinem umstrittenen Comic „Holy Terror“, in dem er vor zehn Jahren auf die Terroranschläge von 2001 in den USA reagierte. In dem Buch kämpft ein an Batman erinnernder Superheld gegen islamistische Terroristen.

Unter anderem wegen der klischeehaften, pauschalisierenden und generell als islamophob wahrgenommenen Darstellung von Muslimen wurde der Band von der Kritik damals weitgehend verrissen, auch im Tagesspiegel. Zudem bekräftige Miller nach Erscheinen des Bandes mit Äußerungen, in denen er islamistische Terrorgruppen wie Al-Quaida und den Islam pauschal in einen Kontext stellte, den muslimfeindlichen Eindruck.

An diesem Punkt entzündete sich jetzt die Kritik an dem Vorhaben, Miller zum Stargast des Thought-Bubble-Festivals zu machen. Das findet seit 2007 in der englischen Grafschaft North Yorkshire statt und hat sich zu einem der wichtigsten Festivals Großbritanniens entwickelt. Die Macher*innen sind stolz auf die Vielfalt des Festival und den Fokus auf die Bedürfnisse der Comicschaffenden.

„Grauenhafter anti-muslimischer Hass“

Als wohl prominenteste Kritikerin an Millers geplantem Auftritt meldete sich Anfang der Woche Zainab Akhtar zu Wort. Die britische Autorin, Comic-Kritikerin und Herausgeberin ist durch ihren auf anspruchsvolle Autor*innen-Comics spezialisierten Verlag „ShortBox“ auch international bekannt – und sie ist Muslima.

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Sie hätte gerne ihre Autor*innen auf dem Festival vertreten, schrieb sie in einer öffentlichen Stellungnahme, die am Dienstag auf dem ShortBox-Twitter-Kanal veröffentlicht wurde. „Als stolze muslimische Frau kann ich es jedoch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, ein Festival zu besuchen, dass es für angemessen hält, Frank Miller einzuladen und ihm eine Plattform zu bieten.“

Miller, schrieb Akhtar weiter, sei persönlich „verantwortlich für die Propagierung von grauenhaften anti-muslimischem Hass, insbesondere durch sein Werk.“ Sie könne nicht verstehen, wie Festivals und andere Akteur*innen der Szene einerseits Werte wie Inklusivität, Vielfalt und Null Toleranz für Hass predigten, diese dann aber nicht umsetzten.

Diese Ankündigung wurde auf Twitter vielfach geteilt, zahlreiche Kommentator*innen unterstützten Akhtars Position. Auch andere Thought-Bubble-Gäste kündigten an, dem Festival wegen Millers geplantem Erscheinen fernbleiben zu wollen. Aber es gab auch abschätzige und hasserfüllte Reaktionen gegen Akhtar. Mit derartigen Anwürfen sieht sie sich seit Jahren immer wieder konfrontiert – auch, weil sie sich wiederholt zu Wort gemeldet hat, um islamophobe Darstellungen muslimischer Menschen in Comics anzuprangern.

In einem weiteren Tweet am selben Tag erklärte Akhtar, dass sie das Thought-Bubble-Team bereits vor acht Wochen wegen ihrer Bedenken kontaktiert habe – und man ihr nach einer Diskussion zugesagt habe, dass etwas passieren werde. Diese Woche habe man ihr dann mitgeteilt, dass sie „ein zu verschmerzender Verlust“ sei.

Überholt: Auf der Website des Thought-Bubble-Festivals wurde Miller am Donnerstag noch als Stargast geführt.
Überholt: Auf der Website des Thought-Bubble-Festivals wurde Miller am Donnerstag noch als Stargast geführt.

© Tsp

Einen Tag nach Akhtars Veröffentlichungen reagierte das Festival mit einer Kehrtwende und der Ankündigung, dass Miller ausgeladen werde. Dazu eine Stellungnahme, in der die Organisator*innen verkünden: „In den vergangenen 14 Jahren hat sich Thought Bubble zu einer großartigen Gemeinschaft von Comicschaffenden und Fans entwickelt, die wir lieben, denen wir vertrauen und die wir respektieren. Wir haben Euch im Stich gelassen und haben darin versagt, Thought Bubble als sicheren Raum für alle zu erhalten.“

Das Festival gebe es, „um die Kunstform und ihre Welten mit den Menschen zu teilen.“ Wenn sich eine Person, Gruppe oder Gemeinschaft „unwohl fühlt oder von unserer Show ausgeschlossen wird, dann haben wir versagt.“ Verbunden mit einer Bitte um Entschuldigung für die späte Reaktion folgt dann die Ankündigung, dass Miller nicht mehr an dem Festival teilnehmen werde. Der letzte Satz der Stellungnahme: „Wir lassen Euch nicht mehr im Stich.“

In den Sozialen Medien wurde der Schritt von Miller-Kritiker*innen überwiegend begrüßt. Zugleich wurden die Festival-Organisator*innen dafür kritisiert, dass sie so spät und erst auf öffentlichen Druck hin so reagiert hätten.

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