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Stalins letzter Fingerzeig: Eine Szene aus dem besprochenen Buch.

© Splitter

„The Death of Stalin“: Der unsterbliche Tyrann

Am Donnerstag kommt die Politsatire „The Death of Stalin“ ins Kino. Passend dazu erscheint jetzt auch der Comic, auf dem der Film basiert, auf Deutsch.

Es ist der 1. März 1953: Josef Stalin liegt nach einem Schlaganfall im Sterben. Eilig werden seine engsten Genossen einberufen, um zu beratschlagen, was geschehen soll. Einen Arzt ruft keiner – aus Angst vor falschen Entscheidungen oder zu wenig Eigeninteresse am Überleben des Tyrannen. Stattdessen diskutieren Georgi Malenkow, Nikita Chruschtschow, Lawrenti Berija und Nikolai Bulganin beim Wodka, welche Mediziner sie rufen sollen – was schwierig ist, denn Stalin hat in einer Mischung aus Paranoia und Antisemitismus einige der besten Kreml-Ärzte (allesamt Juden) hinrichten lassen. Nach vier Tagen Siechtum öffnet Stalin ein letztes Mal die Augen, hebt die Hand drohend gegen alle Umstehenden, und stirbt.

Der Film „The Death Of Stalin“ wurde in Russland verboten

Die grotesken Umstände von Stalins Tod und das Gezerre um seine Nachfolge haben Fabien Nury („Es war einmal in Frankreich“) und Thierry Robin („China Rot“) bereits 2010 als bitterböse Politsatire zu Papier gebracht. Nun kommt der Comic „The Death of Stalin“ auch in Deutschland heraus, passend zum Start der gleichnamigen Verfilmung an diesem Donnerstag – drei Wochen nach Stalins 65. Todestag.

Im Mittelpunkt steht der brutale Geheimdienstchef Berija, dem Robin ebenso wie den anderen Intriganten des Politbüros eine waschechte Mafia-Visage verpasst hat. Zunächst gewinnt Malenkow den Machtpoker, er wird neuer Vorsitzender des Ministerrats der UdSSR, während Chruschtschow mit der Organisation der Totenfeier für Stalin abgespeist wird. Hier wird der einbalsamierte Diktator nochmals als gottgleicher Führer inszeniert, während es bei der Beerdigung im Gedränge der Menschenmassen zu Toten kommt.

Das Cover des besprochenen Buches.
Das Cover des besprochenen Buches.

© Splitter

Nury und Robin nehmen sich viel Zeit für tragikomische Details und dichten hier und da bewusste Überzeichnungen hinzu – was unnötig ist, da die realen Geschehnisse schon absurd genug sind. Obwohl Stalin am Anfang der Geschichte stirbt, dreht sich letztlich alles um ihn, über seinen Tod hinaus hat der Diktator Macht über seine Untergebenen und beherrscht ihr Denken und Handeln, als sei er tatsächlich der unsterbliche Vater aller Russen, als der er immer propagiert wurde.

Wie lang Stalins Schatten ist, kann man derzeit in Russland beobachten: Die Kino-Aufführung von „The Death Of Stalin“ wurde vom russischen Kultusministerium verboten, Kulturfunktionäre bezeichneten den Film als „ekelhaft“. Das zeigt, wie weit die seit einigen Jahren anhaltende Rehabilitierung des Massenmörders schon fortgeschritten ist. Eine beklemmende Realsatire, die deutlich macht, wie wichtig die Entzauberung Stalins durch Comics wie „The Death of Stalin“ nach wie vor ist.

Fabien Nury und Thierry Robin: The Death of Stalin, Splitter, 144 Seiten, 29,80 Euro

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