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Wenn die Hormone verrückt spielen: Eine Seite aus dem besprochenen Buch.

© Rowohlt

Ralf König: „Konrad & Paul: Raumstation Sehnsucht“: Die Libido am Steuerknüppel

Mit „Konrad & Paul: Raumstation Sehnsucht“ kehrt Ralf König von der Religionskritik zurück zu seinen schwulen Knollnasen. Im Juni wird er beim Comicsalon Erlangen für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Im Jahr 2201 haben die Männer auf der Erde durchweg Erektionsprobleme. Um diese zu beheben, ist die Menschheit auf die Idee gekommen, Testosteron auf dem Mars abzubauen. Die „Libido XL“, das vielleicht unansehnlichste Raumschiff der Comicgeschichte, soll für den Transport herhalten. An Bord: Barry Hoden, Brick Hunter und ein Biobot, der vom Aussehen und Verhalten der berühmten Sopranistin Olga Snegulka nachempfunden ist. Pornös-Erotische Spannung liegt da von der ersten Seite an in der Luft

Das ist die Ausgangslage für den neuen Roman von Paul. Doch anstatt in Ruhe in seiner gemeinsamen Wohnung mit Konrad an dem Text zu schreiben, muss er auf nachdrücklichen Wunsch seiner Mutter nach seiner schwangeren Schwester sehen. Wie seine Frau Mama pragmatisch sagt: „Deine Pimmelgeschichten kannst Du auch unterwegs in den Computer tippen!“ Also geht es auf nach Frankfurt, und Paul versucht dort, sein Werk abzuschließen. Doch Ablenkung ist nicht weit, denn der neue Freund seiner Schwester ist groß, behaart, muskulös – und vielleicht bisexuell. Da ist sie, die Versuchung. Und die drückende Hitze lässt die Hormone sowieso verrückt spielen. Kein Wunder, dass ständig jemand vor Lust grunzt.

Auf dem Raumschiff hält niemand an sich

Zeichnerisch gibt es bei Ralf König die üblichen Figuren, sein Humor bleibt aber weiterhin einzigartig. Wenn Paul in die Wohnung seiner Schwester kommt und ihren Freund in Unterhemd zu Motörhead tanzen sieht,  und auf der nächsten Seite bei einem Freund anruft und sich ein kurzer Dialog über Musik entspinnt, dann ist das einfach großartig und wahnsinnig komisch.

Ähnliche Augenblicke hatten Königs frühere Werke wie „Der bewegte Mann“ natürlich auch, damit hat er den Humor der jungen deutschsprachigen Zeichnergeneration nicht unwesentlich beeinflusst.  Auch deswegen wird er im Juni mit dem Max-und-Moritz-Preis für sein Lebenswerk geehrt, wie der Comcisalon Erlangen am Dienstag bekanntgab.

Der Aufbau der aktuellen Geschichte ist allerdings nicht durchweg ein Comic, denn Teile aus Pauls Roman stehen als Prosa mitten im Werk. Und aus jedem Satz schlägt einem Pauls Libido entgegen, denn auch auf dem Raumschiff hält niemand an sich. Mehr und mehr verwandelt sich Pauls Roman über Illustrationen in einen Comic, nähert sich damit Pauls Realität an. Wäre das hier ein Literaturseminar, vielleicht würde es jemand sogar postmodernes Spiel nennen, obwohl König das nie auf die Spitze treibt und der Roman nie mit der Wirklichkeit verschmilzt.

Im Weltraum hört Dich niemand grunzen: Das Cover des besprochenen Buches.
Im Weltraum hört Dich niemand grunzen: Das Cover des besprochenen Buches.

© Rowohlt

„Konrad & Paul: Raumstation Sehnsucht“ kommt aus dem Bauch heraus, schwankt zwischen derbem und subtilem Humor hin und her und lässt seine Leser am Ende mit einem guten Gefühl zurück. Keine Interpretationsfundgrube, sondern einfach ein wunderbarer kurzweiliger Comic. Und am Ende gibt es sogar ein bisschen Romantik mit Grunzen.

Ralf König: Konrad & Paul: Raumstation Sehnsucht, Rowohlt, 160 Seiten, 19,95 Euro, Leseprobe hier.

Björn Bischoff

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