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Stillleben. Ein Bild aus der Produktion "The Colour out of Space".

© Illustration: Andreas Hartung

Lovecraft-Adaption "Die Farbe aus dem All": "Die Bilder müssen für sich selbst sprechen"

Seit Jahren arbeitet Comiczeichner Andreas "Aha" Hartung an einer Umsetzung von H. P. Lovecrafts "Die Farbe aus dem All". Ein Interview über kosmischen Horror, Crowdfunding und begehbare Comicbilderbücher.

Herr Hartung, kürzlich haben Sie den zweiten Teil ihrer auf fünf Teile angelegten H.P. Lovecraft-Adaption „The Colour out of Space“ vorgestellt. Sie nennen das Projekt eine Dark-Doom-Drone-Picture-Show. Was hat man sich darunter vorzustellen?
Im Prinzip handelt es sich um einer Art Dia-Show, die von einem Soundtrack untermalt wird. Das Ganze ist nah am Comic, weil wir die Geschichte Bild für Bild erzählen. Es gibt aber sicher auch eine Nähe zum Zeichentrickfilm, obwohl es keine klassischen Animationen gibt.

Sie sind eigentlich Comiczeichner. Was ist der größte Unterschied bei der Arbeit?
Vor allem muss ich viel mehr Bilder malen. Beim Lesen von Comics füllt der Kopf häufig die Leerstellen von alleine. Im Film funktioniert das nicht. Auch über Rhythmus muss man viel nachdenken. Einen Comic kann jeder so schnell oder langsam lesen, wie er will. Bei einem Film muss man sehr genau überlegen, wie lange oder kurz man etwas zeigt. Und da wir nicht mit Text arbeiten, müssen die Bilder wie in einem Stummfilm für sich selbst sprechen.

Wie ist die Idee zu dem Projekt entstanden?
Ursprünglich habe ich das erst Kapitel vor ein paar Jahren als Comic-Bilderbuch entworfen. Eine Seite, ein Bild. Dann habe ich mir aber überlegt: Was macht man damit? Was die Verlage wohl sagen, wenn ich nach drei Jahren ankomme und sage: „Schaut mal, ich habe hier ein 1000-seitiges Bilderbuch für Erwachsene – ohne Text.“ Vermutlich hätten sie höflich gelächelt. Eine Freundin erzählt mit dann von einer Internetreportage, bei der Foto, Text und Musik vermischt wurden. Als journalistisches Format fand ich das unbrauchbar, für mein Projekt aber spannend, da es mit der Musik eine neue Dimension hinzufügt. Und so kann ich auch mal mit anderen Leuten zusammenarbeiten kann. Als Zeichner sitzt man ja ganz schön viel alleine am Schreibtisch.

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Wie viele Leute sind an „The Colour out of Space“ beteiligt?
Der harte Kern sind der Musiker Daniel Siegmund und ich. Dazu kommen befreundete Künstler, mit denen ich Bilder oder Ideen durchspreche. Die Zahl der Musiker ist von anfangs zwei auf inzwischen fünf gewachsen. Alles in allem sind also wohl zwischen acht und zehn Personen involviert.

Sie haben, nachdem der erste Teil fertig war, eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, die deutlich hinter den Zielen zurückgeblieben ist.
Ja, das hat überhaupt nicht funktioniert. Am Ende haben wir nicht mal zehn Prozent der 23.000 Euro eingekommen, die die folgenden Teile komplett finanziert hätten. Vielleicht lag es daran, dass viele nicht verstanden haben, warum sie etwas unterstützen sollen, was es nachher kostenlos im Internet zu sehen ist. Dafür muss man dann  wirklich sehr, sehr viele Leute erreichen. Manchmal gab es aber auch ganz banale Probleme: manche Leute hatten schlicht kein Paypal-Konto.

Wie sind Sie zu Lovecraft gekommen?
Ich habe schon als Kind gerne Grusel- und Horrorstorys gelesen. Und zwar vor allem den atmosphärischen Kram, der Angst macht. Dann kommt man irgendwann zwangsläufig zu Lovecraft. Die erste Begegnung war wohl „Pickmans Modell“ in einem Sammelband. Später hat mich dann „Die Berge des Wahnsinns“ sehr beeindruckt: Diese Perspektive, die sich auftut, wenn die Polar-Forscher zum ersten Mal das versteckte Plateau erreichen und mit ihrer Winzigkeit im Angesicht des Kosmos konfrontiert werden, hat etwas Beklemmendes.

Ein Quell des Schreckens. Ein Bild aus dem Film.
Ein Quell des Schreckens. Ein Bild aus dem Film.

© Illustration: Andreas Hartung

Warum haben Sie sich ausgerechnet für „Die Farbe aus dem All“ entschieden?
Ich höre beim Zeichnen viele Hörspiele und Hörbücher. Als ich einmal einer Lesung der Geschichte gelauscht habe, hatte ich sofort Bilder im Kopf: die kleine Farm, vor der der Meteorit auf die Erde aufschlägt, aufgeblähte Insekten, Bäume, die sich bewegen … Dann habe ich mich einen Monat in die Uckermark zurückgezogen und einfach angefangen.

Lovecrafts Werk gilt als sehr schwer in andere Medien zu transferieren. Der Autor Detlef Klewer sprach in einem Aufsatz sogar mal vom „Fluch des Unverfilmbaren“.
Lovecraft benutzt tatsächlich sehr oft Wörter wie „unnennbar“, „unsagbar“ „unbeschreiblich“, um die für den menschlichen Verstand nicht fassbaren Dimensionen seiner Götter und Monster zu umschreiben. Zeigt man sie dann doch, gerät das schnell komisch. Das funktioniert eigentlich nur in einem augenzwinkernden Pulp-Kosmos. Die Geschichte, die ich ausgesucht habe, ist aber keine klassische Geschichte aus dem Cthulhu-Mythos, in der sich am Ende ein alles verschlingendes Tentakel-Monster aus dem Meer erhebt. „Die Farbe aus dem All“ erzählt vor allem von der Natur, die Schritt für Schritt mutiert. Deshalb komme ich an dem Problem gut vorbei.

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Wieso haben Sie sich Metal als Soundtrack ausgesucht?
Reiner Metal ist es ja nicht. Ein Zuschauer hat es mal „Apalachen-Doom-Blues“ genannt, das fand ich ganz passend. Ich höre auch privat viel Doom. Der lavaartige Strom dieser Musikrichtung erzeugt eine Stimmung, die gut zu dem unaufhaltsamen Verfall der Natur und der Menschen in der Geschichte passt. Das reichern wir dann an mit Folk, Naturaufnahmen und Elektronik an. Ich rede den Musikern da aber gar nicht so viel rein. Ich finde es viel spannender, zu sehen, was andere aus meinen Ideen entwickeln.

Wie geht es jetzt weiter?
Teil drei ist fertig gescribbelt und muss nun gezeichnet werden. Erscheinen soll er dann im Laufe des Jahres 2018. Zu lange sollen die Abstände nicht werden, weil die Leute sonst das Interesse verlieren. Bis dahin möchten wir den Film gerne auch auf der Bühne mit Livemusik präsentieren. Wir sind gerade im Gespräch mit einigen Veranstaltern. Und ich möchte das Projekt gerne auf einigen Festivals zeigen. Dort würde ich dann ähnlich wie bei der Premiere Bilder aus dem Film in einem dunklen Raum aufhängen, durch den die Besucher mit Taschenlampen laufen können – ein begehbares Comicbilderbuch quasi.

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