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Fantastische Gesellschaft: Eine Seite aus „Sumpfland“.

© Reprodukt

Kunst-Comic „Sumpfland“: Mit Geier Sturzflug durchs Märchenland

Die Hamburger Künstlerin Moki verhandelt in ihrer Bilderzählung „Sumpfland“ aktuelle Themen in einem fantastischen Setting. Nur ein Aspekt irritiert.

Fabelhafte Wesen bevölkern diese Welt. Rundliche Formwandler, die Tintenfischen ähneln; anthropomorphe Nachtschattengewächse; mit Pelz bekleidete Figuren, die wie Affen oder Füchse aussehen, aber wie die meisten Figuren in diesem Buch sehr menschlich agieren, wenngleich nur die wenigsten von ihnen auch so aussehen. Nicht nur das Personal in „Sumpfland“ (Reprodukt, 164 S., 20 €), der neuen Comic-Erzählung der Hamburger Zeichnerin Moki, hat etwas Märchenhaftes.

Dabei sind viele der Themen, die sie umtreiben, sehr weltlich und aktuell. Die Formwandler befinden sich in einem ewigen Kreislauf von kapitalistischer (Selbst-)Ausbeutung, Mutterschaftszwängen und Burnout. In anderen Szenen geht es um Beziehungen und Einsamkeit, um Kommunikation und Missverständnisse oder um Machtfragen. Auch drängende Probleme wie soziale Ungerechtigkeit, Gender-Stereotypen und ökologische Herausforderungen werden behandelt.

Die 1982 geborene Künstlerin bringt ihre phantastischen Szenerien mit großer zeichnerischer Virtuosität aufs durchgehend grün gehaltene Papier. Viele Szenen spielen in Traumkulissen, deren ornamentale Pracht an japanische Holzschnitte oder die ausgefeilten Settings des postapokalyptischen Manga-Märchens „Nausicaä“ erinnert, manche Figuren scheinen der Welt von Tove Janssons „Mumins“ zu entstammen.

Dunkler Humor und stille Trauer

In einer visuell besonders starken Szene gibt sich eine junge Frau einer verzaubert wirkenden Landschaft hin, deren Gewässer, Boden und Pflanzen wie von Zauberhand belebt scheinen.

Und wenn teilweise nur in Schattenumrissen gezeichnete Figuren wie das faunartige Wesen Ichi oder die doppelköpfige Schattengestalt namens Djint durch verwunschen wirkende Landschaften wandeln und mit anderen mysteriösen Figuren interagieren, dann kann man sich der Magie dieser wechselweise von dunklem Humor und stiller Trauer durchzogenen Bildererzählung nur schwer entziehen.

Das Titelbild des besprochenen Buches.
Das Titelbild des besprochenen Buches.

© Reprodukt

Am stärksten sind die nur leicht miteinander verbundenen Episoden dieses Buches allerdings immer dann, wenn Moki ganz auf ihre zeichnerische Kraft setzt und auf Dialoge verzichtet. Denn wenn manche Figuren plötzlich unangemessen salopp („Hau rein“) oder mit einem für diese märchenhaft entrückte Welt unpassend wirkenden norddeutschen Zungenschlag („Min Jung“) sprechen, klingt das plötzlich irritierend banal. Und als eine der Kreaturen plötzlich die Band Geier Sturzflug zitiert („Ja, ja, wir steigern das Bruttosozialprodukt“), dann wünschte man sich, auch diese Szene wäre besser wortlos geblieben.

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